Mark Z. Danielewski, „Das Haus“, 827 Seiten, 29,90 €, Verlag Klett-Cotta, ISBN: 978-3608937770;
Ein solches Buch hat es bisher noch nicht gegeben. Man kann mit dem Drei-Pfund-Wälzer jemanden erschlagen – buchstäblich. 800 Seiten, 450 Fußnoten, mal rückwärts zu lesen, mal auf dem Kopf, mal sind die Seiten fast leer. Das Buch, das schon vor sieben Jahren bei seinem Erscheinen in USA spektakulär aufgenommen wurde, fand auch in Deutschland große Kritiker-Resonanz: als „Blair-Witch-Project“der Literatur und sogar als „der erste große Roman des einundzwanzigsten Jahrhunderts“ (FAZ).
„Das hier ist nicht für Euch“ lautet die Warnung an die Leser. Auf dem Einband steht: „Und falls sie irgendwann einmal zufällig an diesem Haus vorbeikommen sollten, bleiben Sie nicht stehen, gehen Sie auch nicht langsamer, sondern gehen Sie einfach weiter. Da ist nichts.“
Doch da ist was. Dieses Haus ist anders: Innen größer als außen, mit Räumen, die in keinem Grundriss verzeichnet sind. Der Pulitzer-Preisträger Navidson zieht dort ein und braucht einen Höhlenforscher zur Erkundung, nachdem er in seinem Haus fast den Rückweg nicht mehr gefunden hätte.
Aber halt eigentlich kommt dieses Haus in einem Film vor und Will Navidson ist dessen Hauptfigur. Ein gewisser Zampano, ein ziemlich fertiger Typ noch dazu blind, hatte über diesen Film gearbeitet richtig: blind und Film). Jetzt ist Zampano tot, und Johnny Truant stößt auf die Aufzeichnungen.
Der ganze Roman ist ein wildes Durcheinander voller Ebenen, im Film spräche man von Special Effects. „Der Text bockt, rätselt und foppt“, schrieb dazu die Stuttgarter Zeitung. Und noch dazu ist er grandios übersetzt, wie Banvilles „See“ auch von Christa Schuenke, die eineinhalb Jahre daran arbeitete.
Kein Wunder, Seite 666 beispielsweise ist in Otjiherero, einer im südlichen Afrika gesprochenen Sprache geschrieben (im Original ist sie übrigens französisch) und weckt Bezüge zur deutschen Kolonialgeschichte in Namibia.
Ist es nun ein Horrorbuch? Eine Satire auf die Geisteswissenschaften, wie manche behaupten? Ein Irrsinn, wie andere sagen? Oder einfach: Synapsenkino für den Neuronennachbrenner?
Die Antwort auf diese Fragen hat Danielewski vorigen Sommer während einer Lesereise in einem Interview mit dem Online-Magazin Phantastik-Couch gegeben: „Schreiben bedeutet Kontrolle. Aber gleichzeitig geht es auch darum los zu lassen, denn wunderbare Dinge geschehen während man schreibt. Du weißt nicht, was als nächstes passiert. Dafür musst Du es außer Kontrolle geraten lassen. Wenn man es völlig kontrolliert, wenn man es durchplant, stirbt es. Dann hat es keine Seele.“
Wer mehr wissen will: Der Verlag Klett-Cotta, der sich an dieses verdienstvolle Mammutprojekt herangewagt hatte, betreibt einen eigenen Blog zum Buch mit Dokumenten und Anmerkungen. Allein bei Amazon gibt’s 26 höchst unterschiedliche Kundenbewertungen.
Aber letztlich hilft alles nichts: „Das Haus“ muss man lesen und sich darin verlieren.
Bewertung: *****(*)
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