Justine Lévy „Schlechte Tochter“, 176 Seiten, 17,90 €, Antje Kunstmann, ISBN: 978-3888976438;
Tod und Geburt liegen nah beisammen in Justine Lévys drittem Roman. Die 35-jährige Französin schrieb eine Generationengeschichte: über das Mutterwerden, während die eigene Mutter gerade im Sterben liegt. Dass die Geschichte autobiografisch geprägt ist, daran lässt die Autorin nie einen Zweifel: „Ich schreibe über mein Leben, weil es das Einzige ist, was ich kann.“
Ein Kind berühmter Eltern: Isabelle Doutreluigne, Ex-Mannequin, schaffte es mehrfach aufs Cover der „Vogue“ und produzierte mit ihren zahlreichen Liebschaften immer wieder Schlagzeilen. 2004 starb sie an Brustkrebs. Noch berühmter ist Lévys Vater, der Großintellektuellen Bernard-Henri Lévy, kurz BHL, der einst sogar mit Sarkozy-Ehefrau Carla Bruni liiert war (ausgespannt wurde sie ihm vom Ehemann der Tochter, dem Sohn eines guten Freundes – aber das ist eine andere Geschichte.
Ob es nun eine Hypothek ist, solche Eltern zu haben, oder die Karriere befördert, ist egal, die 35-Jährige kann richtig gut schreiben und erzählt in ihrer „Autofiktion“ eine packende Geschichte mit selbst Erlebtem und gut Erfundenem.
Louise, das Alter-Ego der Autorin, realisiert erst gar nicht, dass sie schwanger ist. Dann schockiert sie die Nachricht von der schweren Erkrankung der Mutter. Und in dieser Zerrissenheit tut sie lauter Dinge, die Schwangere auf keinen Fall machen dürfen, vom Rauchen übers Trinken bis zum Medikamentenmissbrauch. Und ihrer Mutter von der Schwangerschaft berichten, will sie auch nicht: „Ich bin so lebendig, ich verhöhne sie geradezu mit diesem zweiten, diesem offensichtlichen Leben.“
Mutter und Tochter sind untrennbar verbunden, nicht nur durch Liebe und Vertrauen, auch durch Neid und Schuldgefühle. In dem Fall sitzt Louise zwischen allen Stühlen, als Tochter und Mutter in spe, gespalten zwischen der Vorfreude auf das Leben, das sie spendet und der Trauer über den bevorstehenden Tod der Mutter, die nicht einmal genügend Zeit haben wird, ihr Enkelkind im Arm zu halten.
Eine kraftvoll erzählte Geschichte, die das Leben schrieb.
Bewertung: ****
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