Die Revolution verlangt vor allem Anpassung

Alma Guillermoprieto „Havanna im Spiegel“, 392 Seiten, 25 €, Berenberg, ISBN: 978-3937834337;

Havanna

Wer Kuba hört, denkt an Zigarren, Zuckerrohr und natürlich an Fidel Castro. Der Inselstaat ist ein Phänomen: 50 Jahre Revolution als Attraktion für Touristen und Selbstzweck für die eigenen Leute. Alma Guillermoprieto, gebürtige Mexikanerin und seit 20 Jahren hochangesehene Lateinamerika-Korrespondentin für den New Yorker, hat in diesem Buch ihre Erinnerungen an Havanna im Jahr 1970 aufgeschrieben – ehrlich, ungeschminkt und mit viel Bewunderung.

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Die Zwiespältigkeit des aufbrechenden Südafrikas

Südafrika ist ein in vielerlei Sicht erstaunliches Land: Nach Jahrzehnten der Unterdrückung ist der einstige Apartheid-Staat trotz vieler Probleme heute der wirtschaftliche Schrittmacher auf dem Kontinent und sogar Austragungsort der Fußball-WM. Auf der anderen Seite stehen weltweit rekordverdächtige Aids- und Kriminalitätsraten. Literarische Zeugen dieser Gegensätze sind  Damon Galgut und Malla Nunn.

Die Titel:

Damon Galgut „Der Betrüger“;
Malla Nunn „Ein schöner Ort zu sterben“;

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Die Bürger vertrauen den Journalisten nicht mehr

Prof. Wolfgang Donsbach u. a. „Entzauberung eines Berufs“, 172 Seiten, 24,90 €, UVK, ISBN: 978-3867641920;

Entzauberung

Journalisten leben in einem permanenten Widerspruch: Zum einen haben sie einen vielfach beneideten Beruf, weil sie – wie’s heißt – überall freien Eintritt bekommen (schön wär’s?), Traumreisen geschenkt bekommen (manche schon) und Macht haben (auch so eine Mär). Zum anderen werden sie verachtet,  gelten als korrupt und manipulativ und leiden unter einer Krise, die im Kern mit der Weltwirtschaftskrise nichts zu tun hat. Und nun auch noch so eine Studie.

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Aus dem Alltag von Mittelstandsfamilien

Anna Katharina Hahn „Kürzere Tage“, 223 Seiten, 19,80 €, Suhrkamp, ISBN: 978-3518420577;

Hahn_Tage

Gesucht wird … die Supermama: Da ist Judith, Mutter und verheiratet mit Klaus, einem Langweiler. Pillen und Nikotin machen Judith den Alltag erträglich. Und da ist Leonie, das „Business-Babe“, eine gehetzte Karrierefrau mit zwei Kindern, gefangen in Schuldgefühlen. Ausgerechnet im schäbisch-geschäftigen Stuttgart hat Anna-Katharina Hahn ihren ersten Roman angesiedelt.

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Die Angst vor der Todesmitteilung

David Grossman „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“, 736 Seiten, 24,95 €, Hanser, ISBN: 978-3446233973;

Grossman

Machen wir uns nichts vor: Auch wir Deutschen leben inzwischen mit einem Krieg. Deutsche Soldaten töten und sterben in Afghanistan. In Israel indes ist dies im eigenen Land Alltag seit der Staatsgründung vor 50 Jahren. Und so schreitet dieser bewegende Roman eines israelischen Friedensaktivisten von Krieg zu Krieg, von Tragödie zu Tragödie.

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Freiheit als Gift für die seligmachende Liebe

Sven Hillenkamp „Das Ende der Liebe“, 311 Seiten, 22,90 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608946086;

Hillenkamp

„Überall ist Disco“, schreibt Hillenkamp. Und das ist die Kernthese seines ganz und gar unsachlichen Sachbuchs. Die unendliche Freiheit, in der wir in unserer individualisierten Gesellschaft leben, bedroht die Authenzität unserer Gefühle. Oder um es banal zu sagen: Wenn wir uns jeden Tag aufs Neue verlieben können, warum sollen wir dann um eine bestehende Beziehung noch kämpfen?

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Die Kannibalen sind doch die guten

Torsten Krol „Kleine Kannibalen“, 432 Seiten, 22,95 €, Blessing, ISBN: 978-3896674050;

Krol_Kannibalen

Ein 16-Jähriger wird erwachsen. Die Umstände sind allerdings alles andere als normal. Es ist 1946, Erich Lindens Vater ist im Krieg gefallen, die Mutter ist mit dem Halbwüchsigen und dessen Bruder Zeppi (12) auf dem Weg in ein neues Leben nach Südafrika, wo sie ihren Schwager heiraten will. Gemeinsam fangen sie im Dschungel neu an – es wir turbulent.

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Liebeserklärung an den Balkon der Welt

Joachim Sartorius „Die Prinzeninseln“, 112 Seiten, 18 €, Mare, ISBN: 978-3866481169;

prinzeninseln

Es ist nur ein schmales Büchlein, aber es weckt mehr Gefühle als mancher große Roman: Der in Berlin lebende Lyriker Joachim Sartorius hat eine Liebeserklärung an die Prinzeninseln, jene Istanbul vorgelagerten Inseln, auf denen von jeher die reichen und mächtigen der Metropole ihren Sommersitz haben.

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Die besten Bücher 2009 und die …

Jahreswechsel, ja sogar Jahrzehnt … – die Doppelnuller sind vorbei, die wilder Zehner kommen. Zeit, Bilanz zu ziehen, wenigstens über das Jahr 2009. Und da gab es einige Neuerscheinungen, die uns beim Lesenblog wirklich grandios gefallen haben. Einige davon, so eine Art inoffizielle Top 10, seht Ihr hier (natürlich nicht vollständig):

Wer nachblättern möchte, natürlich alphabetisch sortiert:

Nicholson Baker “Menschenrauch – Wie der Zweite Weltkrieg begann und die Zivilisation endete”, 640  Seiten, 24,90 €, Rowohlt, ISBN: 978-3498006617;

Lukas Bärfuss “Hundert Tage”, 197 Seiten, 19,90 €, Wallstein, ISBN: 978-3835302716;

Christopher de Bellaigue “Rebellenland – Eine Reise an die Grenzen der Türkei”, 320 Seiten, 19,90 €, C. H. Beck, ISBN: 978-3406577536;

André Brink “Die andere Seite der Stille”, 400 Seiten, 19,90 €, Osburg, ISBN: 978-3940731074;

Christian Kracht “Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten”, 192 Seiten, 16,95 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462040418;

Joseph O’Neill “Niederland”, 320 Seiten, 19,90 €, Rowohlt, ISBN: 978-3498050412;

Ulli Olvedi “Über den Rand der Welt”, 300 Seiten, 19,90 €, Pendo, ISBN: 978-3866121829;

Verena Rossbacher “Verlangen nach Drachen”, 442 Seiten, 19,95 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462040975;

Judith Schalansky “Atlas der abgelegenen Inseln”, 144 Seiten, 34 €, Mare, ISBN: 978-3866481176;

Daniel Schwartz “Schnee in Samarkand”, 988 Seiten, 49,95 €, Eichborn, ISBN: 978-3821858319;

Shaun Tan “Ein neues Land”, 128 Seiten, 29,90 €, Carlsen, ISBN: 978-3551734310;

Ja, und dann gab es natürlich noch die Bücher, die enttäuscht haben. Aber wir wollen ja nicht noch einmal draufklopfen.

Ein gutes neues Jahr Euch allen! Bleibt uns gewogen.