Gedichtswelt eines verfolgten Nationalpoeten

Nâzim Hikmet „Die Namen der Sehnsucht“, 220 Seiten, 29,90 €, Ammann, ISBN: 978-3250104407;

Ein wunderschönes Buch – wie man es vom Schweizer Verlag Ammann kennt, liebevoll editiert und zweisprachig, die Gedichte des türkischen Nationaldichters Nâzim Hikmet. Sie stehen für die moderne Türkei. In der Übersetzung von Gisela Kraft entwickeln sie eine nahezu magische Energie.

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Zehn Mal Integration und Verständnis

Mely Kiyak „10 für Deutschland, 260 Seiten, 14 €, Edition Körber-Stiftung, ISBN: 978-3896840684;

Es geht um Deutsch-Türken, die’s geschafft haben. Sie sind erfolgreich in die deutsche Politik eingestiegen – auf kommunaler Ebene, in Landtagen oder in Bundestag (wie Lale Akgün, SPD) und Europaparlament (wie Cem Özdemir von den Grünen). Aber die Sammlung von Gesprächen und Porträts der jungen Berliner Journalistin Mely Kiyak ist mehr – das Sittengemälde eines Einwanderungslandes.

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Freundliche Menschen, wenig Politisches

Hans-Joachim Löwer „Atatürks Kinder“, 215 Seiten, 19,90 €, Frederking & Thaler, ISBN: 978-3894056810;

Rätselhafte Türkei, Land der Gegensätze. Der Auslandsreporter Hans-Joachim Löwer hat zur Beschreibung der „heutigen Türkei“, so der Untertitel des Buchs, ein journalistisches Format gewählt: Reportagen oder Porträts, wie er sie nennt. Leider reizt er die Möglichkeiten nicht aus.

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Die Blutrache als archaisches Relikt

Ralf Pasch/Katrin Rohnstock „Mein Leben im Schatten der Blutrache – Die Geschichte der Gülnaz Beyaz“, 236 Seiten, 11,90 €, DTV, ISBN: 978-3423344807;

Wer Blutrache hört, der denkt an Ehrenmord und Türkei, vor allem aber an Islam. Ein Bild, das nicht zutrifft. Im Koran steht nichts von Blutrache zur Rettung der Familienehre oder ähnlichem. Dies gehört vielmehr zur Tradition von Stammesgesellschaften. Der Fall der Deutsch-Türkin Katrin Rohnstock bestätigt dies. Sie ist Jesidin, und sie ist Kurdin.

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Wunderbare Einblicke in eine längst verlorene Welt

Yasmine Ghata „Die Nacht der Kalligraphen“, 153 Seiten, 17,90 €, Ammann, ISBN: 978-3250600862;

Kemal Atatürk schuf mehr als den heutigen Staat Türkei. Er brach in allen Lebenslagen mit den osmanischen Traditionen. Er bekämpfte den Einfluss der Religion, reformierte die Sprache und wechselte die Schrift: Statt der arabischen wurde die lateinische Schrift eingefügt. Damit wurde das Ende der Kalligraphen zwangsläufig. Keiner spürte das mehr als Rikkat Kunt, eine der wenigen Frauen, die bis in die 20er Jahre diese große Kunst ausübten.

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Türkei Special 5: Istanbul im Rausch der Bilder

Kai Strittmatter/Reto Guntli „Istanbul – Metropole zwischen den Welten“, 203 Seiten, 49,90 €, Knesebeck, ISBN: 978-3896605559;

Istanbul ist Boom-City: Für 99 Euro mit der Lufthansa am Freitag hin und am Sonntag zurück – wie nach London oder nach Paris. Die Zwölf-Millionen-Einwohner-Metropole ist aber auch exotisch, es schadet nichts, ein paar Anleitungen zu bekommen – so wie die von Kai Strittmatter im neuesten Reiseführer/Bildband, erschienen bei Knesebeck, dem Verlag für schöne Bücher.

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Türkei Special 4: Die Türkei, wie man sie nicht kennt

Sibylle Thelen „Istanbul – Stadt unter Strom“, 192 Seiten. 14,90 €, Herder Spektrum, ISBN: 978-3451030093;

Ob nun der Kopftuchstreit oder der um den Paragrafen 301, der die „Verunglimpfung des Türkentums“ unter Strafe stellt, das Bild der Türkei in Deutschland ist das eines „kranken Mannes“. Dabei kann man die heftigen Debatten der türkischen Gesellschaft auch anders verstehen: Als Dynamik einer sich emanzipierenden Gesellschaft. Sibylle Thelen hat viele Belege für diese These.

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Türkei Special 3: Wo bleibt die Integration?

Seyran Ates „Der Multikulti-Irrtum“, 281 Seiten, 18,90 €, Ullstein, ISBN: 978-3550086946;

Necla Kelek „Die fremde Braut“, 269 Seiten, 18,90 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462034691 (auch als Goldmann-Taschenbuch, 8,95 €);

Eigentlich passt der Titel nicht: Der von Seyran Ates angeprangerte Multikulti-Irrtum ist ein Integrations-Irrtum. Kernthese der deutsch-türkischen Rechtsanwältin: Die deutsche Gesellschaft ist zwar die toleranteste, die man sich vorstellen kann. Aber wer hier lebt, soll sich anpassen oder wieder gehen. Auch Necla Kelek verfolgt in ihrem 2005 erschienenden Buch über „Importbräute“ einen solchen Ansatz.

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Türkei Special 1: Literatur, aber keine Reiseführer

Orhan Pamuk „Istanbul“

Yusuf Atilgan „Der Müßiggänger“

Asli Erdogan „Die Stadt mit der roten Pelerine“

Tevfik Turan (Hrsg.) „Von Istanbul nach Hakkari“

Leyla Erbil „Eine seltsame Frau“

Halid Ziya Usakligil „Verbotene Lieben“

Orhan Pamuk „Schnee“

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Die Türkei ist politisch in aller Schlagzeilen: Der Generalstaatsanwalt will die demokratisch gewählte Regierungspartei AKP verbieten, die Armee marschiert im Nordirak ein, um PKK-Basen zu zerstören, die Diskussion über Kopftücher an der Universität spaltet die Nation – und dazu steigt der Widerstand in der EU, das Land in die Gemeinschaft aufzunehmen.

Viele schlechte Nachrichten, nur eins ist völlig unstrittig: Literarisch betrachtet ist die Türkei längst Weltklasse und das nicht erst seit Orhan Pamuk 2006 den Nobelpreis bekam. Nicht ohne Grund ist die Türkei 2008 Gastland der Frankfurter Buchmesse. Und äußerst verdienstvoll hat der Unionsverlag eine ganze „Türkische Bibliothek“ veröffentlicht. Davon soll in diesem Lesenblog-Spezial die Rede sein.

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Eine romantische Liebe in Nienburg – wo sonst?

Feridun Zaimoglu, „Liebesbrand“, 352 Seiten, 19,95 €, Verlag Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462039696;

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Ist es nicht schön? Feridun Zaimoglu ist einer „der besten deutschen Schriftsteller“ (Die Zeit). Bis er als Autor bekannt wurde, war er in erster Linie mal Türke. Was in Einwanderungsländern wie den USA völlig normal ist, nämlich Erfolg zu haben als Angehöriger einer Minderheit, ist bei uns noch etwas Besonderes. Das ist der wahre Erfolg des Erfolg des hoch gelobten Schriftstellers des hoch gelobten Romans „Liebesbrand“.

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