Aus Italiens bleiernen Jahren

матрациWalter Veltroni „Die Entdeckung des Sonnenaufgangs“, 155 Seiten, 17,90 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608937046;

Dass Politiker (politische) Bücher schreiben, ist nun nicht wirklich spektakulär. Dass sie einen Roman herausbringen schon. Walter Veltroni, von 2001 bis 2008 Bürgermeister von Rom und bei den 2008er Parlamentswahlen Spitzenkandidat seiner Mitte-Links-Partei PD, hat eine Geschichte aus der Zeit des Linksterrorismus geschrieben.

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Das Elend des eigenen Unglücks

Richard Yates „Ruhestörung“, 320 Seiten, 19,95 €, DVA, ISBN: 978-3421043931;

Hat es mit der Wirtschaftskrise zu tun, dass der 1992 gestorbene Richard Yates dieser Tage so populär in Deutschland ist. Dieser Autor, der zeitlebens die Kehrseite, die Abgründe des amerikanischen Traums beschrieben hat. Auch „Ruhestörung“ ist so eine Geschichte des Niedergangs, heftig, verstörend, selbstzerstörerisch.

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Selbst im größten Elend winkt das Glück

Rainer Maria Rilke „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, 320 Seiten, 22,95 €, Manesse, ISBN: 978-3717560050;

Rilkes einziger Roman ist längst Schul-Pflichtstoff. Und es gibt ihn in ungezählten Editionen. Zum 100-jährigen Jubiläum der Erstausgabe hat nun auch der Manesse-Verlag den Klassiker neu editiert und mit einem Nachwort von Fritz J. Raddatz versehen – verpflichtend für jede gut sortierte Hausbibliothek.

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Verschollen im Meer der Lebenslügen

Angelika Waldis „Einer zu viel“, 240 Seiten, 18,90 €, Kein & Aber, ISBN: 978-3036955582;

Ein Familienidyll? Nein, es ist ein Albtraum, der sich da im Ferienhaus im Tessin abspielt. Die 63-jährige Ina Strassner fährt mit ihren beiden kleinen Enkeln dorthin. Sie erwartet die Tochter Judith und deren Ehemann  sowie den Sohn Peter. Nur ihr Bruder Lukas wird nicht kommen, er sitzt im Gefängnis …

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Die Sprachlosigkeit nach der Katastrophe

Andreas Schäfer „Wir vier“, 192 Seiten, 18,95 €, DuMont, ISBN: 978-3832195748;

Aus vier wurden drei: Lothar, seine Frau Ruth und deren Sohn Merten. Dessen älterer Bruder Jakob ist ermordet worden. Die Familie ist am Ende. Ein beeindruckender Roman von Andreas Schäfer, der zu Recht auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis landete, auch wenn er aufgrund der wenig spektakulären Sprache keine Siegchance haben dürfte.

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Berlin und Istanbul als gute Freunde

Mario Pschera/Ilk Cagla/Bacik Cicek „Intercity Istanbul-Berlin“, 344 Seiten, 15,80 €, Dagyeli, ISBN: 978-3935597791;

Was verbindet Berlin und Istanbul? Nein, natürlich kein Intercity. Sicher aber eine 20-jährige Städtepartnerschaft. Sicher auch, dass beide Metropolen türkisch (geprägt) sind.  Und ganz sicher, dass Istanbul und Berlin ähnliche Probleme haben in der Stadtentwicklung und durch soziale Gegensätze.

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Der Bruder, ein Attentäter – oder doch nicht?

Hilal Sezgin „Mihriban pfeift auf Gott“, 320 Seiten, 16,95 €, DuMont, ISBN: 978-3832195540;

Mihriban Erol ist eine normale junge Frau. Als „Nichtskönnerin auf hohem Niveau“ taumelt sie so durchs Leben, 32 Jahre alt, ohne Freund, ohne richtigen Schulabschluss. Im Urlaub fliegt sie nach Ägypten, diesmal aber nicht allein. Sie nimmt ihren jüngeren Bruder Mesut mit, den seine Frau gerade verlassen hat, und dessen Tochter Suni. Als bei der großen Silvestergala im Fernsehen die Besucher reihenweise kollabieren, weil der Sekt von Islamisten vergiftet wurde, verdächtigt Mihriban sofort ihren Bruder.

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Ein schmaler Pfad, der zur Versöhnung führt

Ayse Kulin „Der schmale Pfad“, 288 Seiten, 19,90 €, Union (Türkische Bibliothek), ISBN: 978-3293100183;

In den 1980er-Jahren waren es die Männer, die Linken, die Widerstand leisteten gegen das autoritäre, militaristische Regime der Türkei, in den 2000-er Jahren waren es vor allem die Frauen, die Schriftstellerinnen, die den Wandel forderten. Autorinnen wie Oya Baydar mit ihrem beeindruckenden Roman „Verlorene Worte“ oder eben Ayse Kulin, deren 2005 erschienener Roman „Der schmale Pfad“ nun in der türkischen Bibliothek in deutscher Veröffentlichung erschienen ist.

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Frauen zwischen gestern und morgen

Murathan Mungan „Städte aus Frauen“, 350 Seiten, 21,90 €, Blumenbar, ISBN: 978-3936738650;

Frauen sind der Motor des Fortschritts in der Türkei, der gesellschaftlichen Entwicklung jedenfalls. Sie sind es, die den Bruch mit den (islamischen) Traditionen wagen und sich in eine neue Zeit wagen, die die Demokratie und den Konsum fördern. Sie sind auf der Suche, und die meisten haben noch nicht gefunden – jedenfalls jene, denen sich Murathan Mungan zugewandt hat.

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Spezial Türkei II

Für die Türkei, ihre Literatur und die Integrationsdebatte hierzulande hat dieser Blog von jeher ein Faible: Davon zeugt nicht nur unser erstes Türkei-Spezial zur Buchmesse 2008, als das Land am Bosporus Gastland war, sondern auch viele Literaturempfehlungen seither und Buchbesprechungen, die die Integrationsdebatte hierzulande weiterbringen. Nun, das Thema bleibt virulent, und darum starten wir morgen ein weiteres Türkei-Spezial. Vorgestellt werden in den nächsten Tagen folgende Titel:

Klaus Kreiser „Istanbul – Ein historischer Stadtführer“
Pinar Selek „Zum Mann gehätschelt – Zum Mann gedrillt“
Armin Laschet „Die Aufsteiger-Republik – Zuwanderung als Chance“
Ruprecht Polenz „Besser für beide – Die Türkei gehört in die EU“
Stefan Schmid „Integration als Ideal – Assimilation als Realität“
Nevim Cil „Topographie des Außenseiters“
Murathan Mungan „Städte aus Frauen“
Ayse Kulin „Der schmale Pfad“
Hilal Sezgin „Mihriban pfeift auf Gott“
Mario Pschera/Ilk Cagla/Bacik Cicek „Intercity Istanbul-Berlin“

Viel Spaß!