Entführt im Nirgendwo

Yorck Kronenberg „Ex voto“, 183 Seiten, 19 €, Droschl, ISBN: 978-3854207788;

Dies ist die Geschichte einer Entführung, aber nicht nur. Es ist auch die Geschichte einer Begegnung völlig inkompatibler Kulturen, von Sprachlosigkeit und dem unterschiedlichen Verständnis von Gewalt. Der in Berlin lebende Schwabe Yorck Kronenberg ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Musiker: Diesen Roman hat er exzellent durchkomponiert.

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Ein Leben in Gradlinigkeit

Zülfü Livaneli „Roman meines Lebens – Ein Europäer vom Bosporus“, 360 Seiten, 22,95 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608938951;

Er ist einer der berühmtesten türkischen Künstler der Gegenwart und ein kritischer Chronist seines Heimatlandes. Jetzt hat der in Anatolien aufgewachsene Filmemacher, Musiker und Schriftsteller Zülfü Livaneli (65) seine Autobiografie vorgelegt – ein spannendes Stück Geschichte über das jahrzehntelange Ringen der Türkei um seine Zugehörigkeit zu Europa.

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Das Bild einer Stadt – wild, dunkel, aggressiv

Jonathan Lethem „Chronic City“, 500 Seiten, 24,95 €, Tropen bei Klett-Cotta, ISBN: 978-3608501070;

Dieser Roman geht rein wie ein Computerspiel, wild, dunkel, aggressiv. Im Mittelpunkt steht das New Yorker der Nuller Jahre, die Zeit nach Nine-Eleven.  „Wie schaffst du es zu überleben? … Wie kommst du in der Welt zurecht, ohne zu verstehen, was um dich herum los ist?“, heißt es einmal.

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Gefangen zwischen den Welten

Joseph Zoderer „Die Farben der Grausamkeit“, 336 Seiten, 19,90 €, Haymon, ISBN: 978-3852186849;

Wie geht das eigentlich, so ein Doppelleben: Auf der einen Seite die Ehefrau mit den Kindern, auf der anderen Seite die Geliebte. Richard Zoderer, einer der wichtigsten Südtiroler Erzähler, hat sich dieses Themas angenommen. Sein Ehedrama „Die Farben der Grausamkeit“ stellt das brüchige Idyll einer bürgerlichen Existenz gegen die Sehnsüchte und Verführungen eines modernistischen Singledaseins.

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Eine kurze, verbotene Liebe

John Boyne „Das Haus zur besseren Verwendung“, 560 Seiten, 24,90 €, Arche, ISBN: 978-3716026427;

Das Haus zur besonderen Verwendung ist ein zynischer Begriff. Es handelt sich nämlich um jenes Haus, in dem 1918 nach der Oktoberrevolution die russische Zarenfamilie umgebracht wurde. Die ganze? Die ganze! Und doch halten sich seither Legenden, wonach ausgerechnet die jüngste Tochter Anastasia verschont geblieben sein soll (was nachweislich nicht stimmt). Und genau von der und ihrer großen Liebe zum Bauernsohn und Leibwächter Georgi handelt dieser Roman.

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Wie Gül lernt, auf sich selbst zu schauen

Selim Özdogan „Heimstraße 52“, 302 Seiten, 19,95 €, Aufbau, ISBN: 978-3351033378;

„Euer Leben wird in der Fremde vergehen“, mit dieser Warnung war Gül aus der Türkei nach Deutschland gegangen. Und tatsächlich verzehrt sie sich nach der Heimat, nach der Familie, nach den beidenTöchtern, als sie in dem fremden Land, in der Heimstraße 52,  lebt. Es dauert lang, bis sie in diesem auf den ersten Blick so kalten Land Herzenswärme findet.

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Ein vergleichsweise kleines Arschloch

Wolfgang Schömel „Die große Verschwendung“, 260 Seiten, 19,95 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608939033;

Geschichten, wie diese, passieren regelmäßig in Deutschland 2011. Politiker, die sich maßlos überschätzen, Wirtschaftsleute, die dies ausnutzen und daran gut verdienen, Frauen, die nicht wissen, wo sie zwischen Macht, Geld und Eros stehen. Wolfgang Schömel, seit über 20 Jahren Kulturreferent der Hansestadt Hamburg, hat eine Geschichte aus dem öffentlichen Kulturbetrieb erzählt, die so satirisch klingt wie nur die Wahrheit sein kann.

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Ein Kontinent vor dem Untergang

Hans-Christian Buch „Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern“, 272 Seiten, 29 €, Eichborn, ISBN: 978-3821862361;

Am Schluss steht ein Brief an den Bundespräsidenten. Horst Köhler soll, so appelliert, Hans Christoph Buch am 22. April 2008 Paul Kagame, den ruandischen Präsidenten, nicht in Deutschland empfangen. Engagiert wie dieser Brief ist diese Reportagensammlung. Buchs Geschichten vermitteln keinen Optimismus und kein Wohlgefühl, es sind Berichte von Orten, an denen das Leben hart, ungerecht und gefährlich ist.

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