Über Joachim

Es gibt auch lesenswerte Bücher, die nicht in den Spiegel- und Focus-Bestsellerlisten auftauchen. Ein paar davon findet ihr hier. Lest selbst ...

Der erhobene Zeigefinger auf die glatten Oberflächen

Adam Soboczynski „Glänzende Zeiten: Fast ein Roman“, 224 Seiten, 16,95 €, Aufbau, ISBN: 978-3351033200;

Und wieder ein Journalist, der sich ans große Format traut. Es ist der Bildungsbürger, der geschniegelte, hedonistische Großstädter, an den sich Adam Soboczynski, preisgekrönter Feuilletonredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“ herangemacht hat, der eigene Leser also irgendwie. Nur sollte man nicht den Fehler machen, den Ich-Erzähler, der sich in 29 Kapiteln über Themen wie „Stolz“, „Rauchen“ und „Magie“ seine Gedanken gemacht hat, mit dem Autor zu verwechseln. „Fast ein Roman“ ist eine Betrachtung.

Weiterlesen

Zu spät für wirkliche Veränderungen

Signe von Scanzoni „Als ich noch lebte – Ein Bericht über Erika Mann“, 243 Seiten, 22 €, Wallstein, ISBN: 978-3835307650;

Eiegentlich hatte dieses Buch nie erscheinen sollen. Noch 1998, vier Jahre vor ihrem Tod, hatte  Signe von Scanzoni, die langjährige Lebensgefährtin Erika Manns, die Herausgeberin Irmela von der Lühe wissen lassen, sie habe das 1970 fertig gestellte Manuskript vernichtet. Umso besser, dass sich in den letzten Jahren zwei Abschriften fanden, die die Grundlage für dieses erschütternde Buch einer Liebe zwischen zwei aus verschiedenen Welten kommenden Frauen waren.

Weiterlesen

Wie die älteste Bibel-Handschrift zum Zaren kam

Jürgen Gottschlich „Die Bibeljäger“, 224 Seiten, 19,90 €, C.H. Links, ISBN: 978-3861535942;

Die spannendsten Geschichten haben sich tatsächlich ereignet. Jürgen Gottschlich, taz-Korrespondent in Istanbul und ein ausgezeichneter Kenner des Nahen Ostens, hat sich in seinem neuesten Buch auf die Fährte  des Leipziger Bibelforschers Konstantin von Tischendorf gesetzt. Der fand nämlich im 19. Jahrhundert im Katharinenkloster in nder Wüste Sinai einen Kodex, der bis heute als die älteste Fassung des Neuen Testaments gilt.

Weiterlesen

Rein in die Lumpen, raus aus den Lumpen

Roberto Bolano „Lumpenroman“, 109 Seiten, 14,90 €, Hanser, ISBN: 978-3446235465;

Weltberühmt wurde der in Spanien lebende Exil-Chilene Roberto Bolano erst vor ein paar Jahren neben seinem Tod. Der fulminante Roman „2666“ erregte großes Aufsehen. Mit dem „Lumpenroman“ veröffentliche der Hanser-Verlag vorigen Herbst posthum ein weiteres Stück des Meister-Autors.

Weiterlesen

Die zerstörerische Kraft der Liebe

Tilman Spreckelsen (Hrsg.) „Königskinder“, 284 Seiten, 16,95 €, Galiani, ISBN: 978-3869710129;

Dies ist eines dieser Bücher, die nicht sein müssen, aber gut tun. „Herzzerbrechende Liebesgeschichten“, so der Untertitel, hat der Literaturwissenschaftler und FAZ-Rezensent in diesem feuerroten Sammelband zusammengefasst und dabei bekannte und unbekannte Autoren gewürdigt, von Goethe bis James Krüss.

Weiterlesen

Der Aufbruch in den goldenen Westen

Kurt Andersen „Neuland“, 896 Seiten, 26,95 €, Blessing, ISBN: 978-3896673541;

Wir schreiben das Jahr 1848. In Europa ist Revolution, und auch in der Neuen Welt geht die Post ab: Ein Dampfer nach dem anderen entlässt im Einwandererhafen von New York Flüchtlinge, Siedler und Hasardeure in das verheißungsvolle Amerika. Zu denen, die ihr Glück suchen, gehört der junge Benjamin Knowles, ein britischer Adeliger, der vor revolutionären Umtrieben in Paris geflohen ist.

Weiterlesen

Die muslimischen Frauen sind längst angekommen

Sineb El Masrar „Muslim Girls- Wer wir sind, wie wir leben“, 192 Seiten, 14,95 €, Eichborn, ISBN: 978-3821865331;

Zum richtigen Zeitpunkt ist dieses Buch erschienen, kurz nachdem Sarrazin fürchtete, „Deutschland schafft sich ab“ und bevor der frisch gebackene Bundesinnenminister Friedrich (CSU) behauptete, der Islam gehört nicht zu Deutschland (was er kurz danach wieder relativierte). Sineb El Masrar, 1981 als Tochter marrokanischer Einwanderer in Deutschland geboren, und Mitglied der Integrationskonferenz von Maria Böhmer, räumt auf mit Vorurteilen über muslimische Frauen in Deutschland.

Weiterlesen

Über das elende und das liebenswerte Rom

Pier Paolo Pasolini „Rom, andere Stadt“, 111 Seiten, 24,90 €, Corso, ISBN: 978-3862600014;

Pier Paolo Pasolini ist schon lange tot, genauer seit 1975, als er unter bis heute ungeklärten Umständen nahe Rom ermordet wurde. Und trotzdem sind seine Liebeserklärungen an die „Ewige Stadt“ bis heute aktuell. Rom, die „grande metropoli populare“. In einer liebevollen Edition mit vielen, historischen Duotone-Fotografien von Herbert List sind diese Erzählungen, Tagebucheinträge und Gedichte hier erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht worden.

Weiterlesen

Monolog aus kriegerischen Zeiten

Mathias Énard „Zone“, 588 Seiten, 28 €, Berlin, ISBN: 978-3827008862;

An diesem Buch kann man sich tatsächlich abarbeiten: Ein Monumentalwerk von knapp 600 Seiten, ohne Punkt, aber mit vielen Punkten – angelegt an Homers „Ilias“ miit 24 Kapiteln (statt Gesängen). Und wie die Ilias ist es ein Werk über den Krieg und dessen Gräuel, in diesem Fall den Jugoslawienkrieg. Schauplatz ist ein Zugabteil auf einer Bahnreise von Mailand nach Rom.

Weiterlesen

Das Dilemma des Rabbiner Dunkelstein

Robert Schindel „Dunkelstein“, 124 Seiten, 17,90, Haymon, ISBN: 978-3852186450;

„Eine Realfarce“ nennt der Wiener Autor seine Geschichte über den Rabbi Saul Dunkelstein, der 1938 Realpolitik betreibt, in dem er sich den Nazis als Leiter der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde andient und möglichst viele Juden dafür gewinnen möchte, ihr Heimatland möglichst schnell zu verlassen. Seine Maxime dabei: „Wer ein Leben zerstört, zerstört die Welt, wer ein Leben rettet, rettet die Welt.“

Weiterlesen