Philip K. Dick „Stimmen der Straße“, 432 Seiten, 22 €, Liebeskind, ISBN: 978-3935890724;
Er galt schon in meiner Jugend als einer der wichtigsten amerikanischen Autoren. Damals aber waren nur seine Science-Fiction-Werke in Deutschland bekannt, die später verfilmten „Blade Runner“ zum Beispiel oder „Minority Report“. Tatsächlich konnte er auch ganz anders.
Dass der 1982 viel zu früh verstorbene Autor in seinen literarischen Anfangsjahren, drei Jahrzehnte vorher, harte, sozialkritische Dramen aus der amerikanischen Provinz schrieb, ist erst seit kurzem bekannt. Umso erfreulicher, dass der ambitionierte Münchner Liebeskind-Verlag sie nun in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Nach „Unterwegs in einem kleinen Land“ sind nun die „Stimmen der Straße“ erschienen.
Hauptfigur Stuart Hadley hat beste Voraussetzungen für ein erfolgreiches, erfülltes Leben: Doch Geld, guter Job und glückliche, kleine Familie stellen ihn nicht zufrieden. Er sucht und weiß nicht wonach. Über eine rätselhafte Frau lernt er den „Menschenfänger Theodor Beckheim kennen. Der Sektengründer schnappt sich Hadley mit Haut und Haaren.
Das „Streben nach Glück“, das in den USA sogar Verfassungsrang hat, wird hier zur Illusion. Hadley macht eine umgekehrte Tellerwäscher-Karriere. Die Dämonen in seinem Herzen zwingen ihn zur Abkehr vom amerikanischen Traum. Er verliert immer mehr den Zugang zu sich selbst und verfällt dem bei näherem Hinsicht gar nicht heilsbringenden Beckheim. Am Ende stehen Gewalt und eine neue Hoffnung.
Erbarmungsloser Realismus zeichnet dieses Frühwerk Dicks aus, ähnlich den Milieuschilderungen von Richard Yates. Sein Verlag Liebskind zitiert dazu Art Spiegelman: „Philip K. Dick ist für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, was Kafka für die erste war.“
Leider gelang es dem ambitionierten Autor nicht, mit seinen damals erschienenen realistischen Milieuromanen seine eigentliche Leidenschaft zu finanzieren, das Schreiben futuristischer Geschichten. Es ist irgendwie tragisch, dass die eine Seite seines Schaffens, aber auch auch die andere erst nach Dicks Ableben den gebührenden Weltruhm erlangt hat.
Bewertung: *****
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