Unterwegs im vorigen Jahrhundert

Henri Cartier-Bresson „Sein 20. Jahrhundert“, 376 Seiten, 58 €, Schirmer-Mosel, ISBN: 978-3829604697;

Wenn dereinst mal Historiker auf das 20.Jahrhundert zurückblicken, dann werden sie es einordnen als Jahrhundert der zwei Weltkriege und des Genozids, sie werden es aber auch als goldene Epoche der Fotografie bewerten. Henri Cartier-Bresson (1908 bis 2004) wird mit seinem 60-jährigen künstlerischen Schaffen genauso überdauern wie Maler und Literaten.

Der Schwarzweiß-Poet gründete 1947 mit befreundeten Kollegen die Agentur Magnum, mithin die  bekannteste Fotoagentur der Welt. Legendär ist auch seine Leica-Kamera, mit der er den Bildjournalismus neu erfand.

Der opulente Bildband „Sein 20. Jahrhundert“ ist die deutsche Ausgabe einer großangelegten Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art, in der mit 300 Fotografien der spannenden Lebensweg des Franzosen, Sohn eines Pariser Textilfabrikanten, nachvollzogen wird.

1937 startete er seine Karriere als Fotograf bei einer Lokalzeitungund als Dokumentarfilmer noch vor Ausbruch des weiten Weltkriegs. Zwei Mal entkam er aus deutscher Kriegsgefangenschaft und fotografierte die Befreiung von Paris durch die alliierten Streitkräfte.

Peter Galassi, der Fotografie-Kurator des MoMa, stellt Cartier-Bresson Bilder in den Kontext seiner Zeit. Die Fotos wiederum sind bis heute lebendige Zeugnisse des Wandels der Nachkriegszeit: 1946 in Dessau in der Sowjetisch Besetzten Zone genauso wie in New York. Leid und Freude liegen jedes Mal nah beinander.

Cartier-Bresson ging es immer um die Menschen, in Moskau 1972 vor trister Plattenbau-Kulisse ebenso wie in New York 1970, als er dicke Frauen mit schmettlingsartigen Sonnenbrillen ablichtete.

Und die Promis jener Zeit ließen sich gerne von ihm fotografien: Der Regisseur John Houston in New York genauso wie die rauchende Coco Chanel in Paris. Alltagsszenen wie eine HB-Werbetafel in München oder eine Haushaltsmesse in Paris dokumentierten den Fortschritt jener Zeit.

Dass Cartier-Bresson „überall zu Hause“ war, dokumentiert der Anhang des Bildbands, in dem seine Reisen von 1930 an dokumentiert werden.

Ein zeitenfüllender Bildband.

Bewertung: *****


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