Inside der Lower East Side

Richard Price „Cash“, 528 Seiten, 19,95 €, S. Fischer, ISBN: 978-3100608109;

Wieder so ein Roman, der zeigt, dass es zurzeit kaum jemand so gut wie die Amerikaner  versteht, Geschichten zu erzählen und dabei ganze Universen aufblättern. Und so ist auch der vorgebliche Krimi „Cash“ weit mehr als nur eine Mordaufklärung. In seinem opulenten Bilderbogen erzählt Price wie der New Yorker Stadtteil Lower East Side funktioniert.

Schon zuvor hatte sich Richard Price Meriten erschrieben in extrem realistischer Milieustudie. Die Polizeiserie „The Wire“, die  – wie immer, wenn’s qualitätvoll wird – in Deutschland im Spätprogramm floppte, ist eine Schöpfung von Price. „Filmisch“ hat Price auch seinen achten Roman „Cash“ geschrieben – mit parallelen Handlungssträngen von Tätern und Opfern.

Price kennt alles, über das er schreibt, aus eigener Anschauung. Dutzende Male begleitete er Polizisten auf ihren Streifenfahrten, und er lebte lange am Rand der Lower East Side. Selbst jetzt noch, wo er ein Stadthaus in Harlem hat, ist die Krisenzone nur ein paar Blocks entfernt. „Ich schaue und lausche, was da unten im Abgrund vor sich geht“, zitierte ihn im Frühsommer der „Spiegel“.

„Cash“ erzählt, wie der Barkeeper Eric Cash mit zwei Freunden nach Arbeitsende um die Häuser zieht und von Jugendlichen überfallen wird. Dabei wird einer der Kumpels von Cash getötet, und im Durcheinander gerät Cash unter Mordverdacht. Der Polizist Matty Clark versucht die Wahrheit herauszufinden.Großartig gibt Price die Verhöre wieder, Druck, Gegendruck, Verzweiflung, Mutlosigkeit.

Über 500 Seiten nimmt  sich Price Zeit und schafft es, den Leser an das von ihm detailliert sezierte New York der Nuller-Jahre zu fesseln. Wer den Slang, die Untertöne richtig erfassen will, muss „Cash“ indes im Original lesen. Dazu ist die deutsche Sprache einfach zu weit weg von New York.

Bewertung: ****


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