Kurt Kreiler „Der Mann, der Shakespeare erfand“, 595 Seiten, 29,80 €, Insel, ISBN: 978-3458174523;
Wer hätte das gedacht? William Shakespeare war gar nicht William Shakespeare. Hinter dem bekanntesten englischen Dichter aller Zeiten verbarg sich in Wirklichkeit Edward de Vere, der 17. Earl of Oxford. Wer das behauptet? Der Publizist Kurt Kreiler. Und er offeriert diese These, 400 Jahre nachdem alles geschah, höchst schlüssig und interessant zu lesen.
Der Mythos, der sich um den Schöpfer von „Macbeth“, „Sommernachtstraum“ und „Hamlet dreht, beschäftigt die Literaturwissenschaft schon 150 Jahre und mehr. Wie konnte es sei, dass der Sohn eines Handschuhmachers, nur mässig gebildet und später nachgewiesenermaßen als Schauspieler tätige Mann, Tragödien und Komödien von Weltruf schuf, die bis heute an Gegenwärtigkeit nichts verloren haben?
Es konnte nicht sein, behauptet Kreiler, und schiebt das gesamte literarische Werk de Vere zu, einem exzellent vernetzten Adeligen, der Verbindungen zum Hofe hatte, exzentrisch war und weit gereist. Warum aber sollte er die Stücke nicht unter eigenem Namen veröffentlichen? Laut Kreiler (und anderen) erschien es seinerzeit als unziemlich, sich als Schriftsteller mit dem Theatervolk, mit Gauklern, Clowns und Schauspielern gemein zu machen.
Hat Kreiler Recht? Na ja, er argumentiert zumindest überzeugend, leider lässt sich de Veres Nachlass nicht mehr überprüfen, weil dessen Bibliothek 1647 einem Brand zum Opfer fiel. Und der angeblich wahre Shakespeare war nach Überlieferungen weder so reich, wie er es hätte sein müssen, noch so wichtig, dass man um seinen Tod 1616 großes Aufhebens gemacht hätte.
Also doch ein anderer? Mark Twain war einer der ersten, der an der Identität des Dichters Zweifel äußerte. seitdem vergehen kaum ein paar Jahre, ohne neue Verdächtige, von einem Earl of Rutford bis zu einem Sir Henry Neville. Für Kreiler kann es allerdings nur de Vere gewesen sein. „Wenn ich auf einen einzigen unwiderlegbaren Beweis gegen de Veres Autorschaft gestoßen wäre, hätte ich kapituliert“, sagt er in einem Interview.
Ein spannendes Buch über einen interessanten Mann und einen unsterblichen Schriftsteller mit viel Lesenswertem über Machtverhältnisse und Lebensgewohnheiten des alten Englands. Trotzdem natürlich: Eine Lektüre für den ausgefallenen Geschmack.
Bewertung: ****
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Davon hab ich schon öfter gelesen, find ich eine spannende und eigentlich einleuchtende These. Dazu kommt Ende Oktober sogar ein spannend aussehender Film ins Kino: http://www.youtube.com/watch?v=ewxUk6xOQxg