Alina Bronsky „Scherbenpark“, 288 Seiten, 16,95 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462040302;
Dieser Debutroman ist in aller Munde. „Scherbenpark“, was für ein Wort: Zerbrechen steckt darin und die Idylle eines Parks. Doch es geht um den Rand der bundesrepublikanischen Gesellschaft, um das raue Milieu eines deutschrussischen Gettos: „Du hast deine Hölle, ich habe meine.“
Sascha ist 17 Jahre alt. Die junge Frau hasst Männer. Geh niemals in den Scherbenpark, so lautet der Ratschlag. Hier geht es laut, blutig und derb zu. Der Scherbenpark ist ein Ort der Kollisionen – Russland in Deutschland. Hier kracht es zwischen Ost und West.
Russischer Pop, nicht amerikanische Musik spielt die Hauptrolle. Es geht um Jugendgangs, Wodka-Mixgetränke in Pappbechern, um Schach und und um den Abreißkalender, der der orthodoxen Hausfrau hilft, den Alltag zu organisieren. Hier fliegen Steine und leere Flaschen. Und hier lebt Sascha.
Die 1978 in Jekatarinburg geborene und als Zwölfjährige nach Deutschland emigrierte Alina Bronsky erzählt eine rasante Geschichte, eine, die eine Wahrheit neben deutscher Idylle erzählt – eine aus der deutsch-russischen Parallelgesellschaft.
So komisch wie frech und ehrlich berichtet Sascha aus ihrem Alltag in der fremd gebliebenen Siedlung am Frankfurter Stadtrand. Sie besucht eine gute Geschichte, sie ist hoch begabt und hat die nötige Distanz, zu den Paradoxien um sie herum.
Aussiedler stehen bis heute am Rand der Gesellschaft. Junge Deutsche erfahren die Deutschrussen als aggressiv und böse. Dabei sind es Gegensätze, die sie prägen. Auf der einen Seite Perspektivlosigkeit, auf der anderen Seite blinder Wohlstand – wie ihn Sascha bei ihren Freundinnen erlebt.
Ein bilderreiches, ehrliches Buch, das eine bundesrepublikanische Wirklichkeit aus der Innenperspektive erzählt, die uns unwirklich erscheint. Das Alina Bronsky zum hochkulturellen Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb nach Klagenfurt eingeladen wurde, wirkt merkwürdig und doch wieder schlüssig.
Ein spannendes Stück Literatur.
Bewertung: *****
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