Martin Kubaczek „Sorge. Ein Traum“, 288 Seiten, 22,50 €, Folio, ISBN: 978-3852564975;
Wieder so ein literarisches Kleinod aus Österreich: Martin Kubaczek (56), Literaturprofessor und Autor, rollte die Geschichte eines lange vergessenen Meisterspions auf. Richard Sorge sollte von 1933 an im Auftrag Stalins in Tokio ein Spionage-Netzwerk aufbauen und schnüffelte bis zu seiner Enttarnung und Hinrichtung auch noch als angeblicher Zeitungskorrespondent nationalsozialistische Kreise aus. Was für ein Stoff!
Und nicht mal erfunden: Der 1897 geborene Sohn eines deutschen Ingenieurs und einer russischen Mutter, wuchs in Berlin auf. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich freiwllig zum Fronteinsatz und wurde 1916 schwer verwundet. Er studierte Nationalökonomie und Philosophie und stand vor einer Wissenschaftskarriere.
Politisch rückte er Schritt für Schritt nach links, bis er 1919 der KPD beitrat. Fünf Jahre später diente er sich den Russen als Spion an. Die entsandten ihn nach China und nach Tokio, wo er als NSDAP-Mitglied, als Journalist und Vertrauter des deutschen Botschafters beste Kontakte besaß, bis er – nicht durch eigenes Verschulden – enttarnt wurde.
Eigentlich ein Thriller, aber Kubaczek, der 15 Jahre als Dozent in Japan lebte, macht mehr daraus. Er verknüpft das japanische Leben mit Sorges Schicksal. Der „rote Asket mit Playboy-Manieren“, wie es über den Agenten hieß, bekommt so eine Tiefe, die über die Spannungsgeschichte weit hinausgeht.
Es geht um einen Europäer in Japan, um einen Fremden in einem fernen Land, der sich dort nicht frei bewegen kann, aber muss, um möglichst viele Informationen zu gewinnen. Informationen wiederum, von denen er nicht einmal weiß, ob sie von Stalin und seinen Leuten geschätzt werden.
Kubaczek erzählt nicht linear, sondern in vielen schlaglichtartigen Bildern und faszinierenden Details aus dem Leben Sorges in Japan. Der Spion ist ihm nur so eine Art Vehikel. Ein absolut lesenswertes Buch!
Bewertung: *****
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