Lyndal Roper „Hexenwahn“, 470 Seiten, 26,90 €, C. H. Beck, ISBN: 978-3406540479;

Mit dem „Hexenhammer“ des Dominikaner-Mönches Heinrich Kramer fing 1486 alles an. In dieser Legendensammlung wurde erstmals genau definiert, was Hexen kennzeichnet. Das Werk leitete eine Art Genozid ein – die Verfolgung und Ermordung der „weisen Frauen“. Die australische Geschichts-Professorin Lyndal Roper hat die emotionalen Prozesse erforscht.

Vor 25 Jahren war die Erforschung der Hexenverfolgung ein großes Thema – gerade in Süddeutschland, gerade auf der lokalen Ebene. Spätestens seit damals wissen wir alles über die Zahl der Opfer, die angeblichen Verbrechen, den Ablauf der Verfahren – aber wenig ist bekannt über die psychologischen Motive der Verfolger.

Diese Lücke wird von Lyndal Roper geschlossen. Es geht um die Vorstellung, dass vom Glauben abgefallene Menschen schuld waren, wenn die Ernte verfaulte, ein Kind starb oder sonst ein schlimmes Unglück passierte. Als Sündenböcke suchte man sich im 15., 16. und 17. Jahrhundert oftmals gerade ältere Frauen – ausgerechnet jene, die sich um das Wohlergehen der Gemeinschaft verdiente machten. Warum war das so?

Tatsächlich war es die pure Angst, die die Hexenjäger jede Regung von Mitleid und Gnade vergessen ließ. Im 16. Jahrhundert wurde die Ehe genauer definiert und reglementiert – bis dahin galten das so genannte Eheversprechen des Mannes und der Vollzug durch den Geschlechtsverkehr.

Ab dann regelten Kirche und Staat die Ehe, und wer sich nicht an die Vorschriften hielt, war des Teufels. Der Versuch der Obrigkeiten, Sexualität zu kontrollieren, war ein wichtiges Motiv für die Hexenverfolgungen. Dazu kamen dann noch Gefühle wie Konkurrenz und Neid.

Dies beschränkte sich übrigens nicht auf die katholische Kirche und nicht auf Frauen. Auch Protestanten entzündeten Scheiterhaufen, und ein Viertel der Verfolgten waren Männer. Lyndal Roper orientiert sich an konkreten Ereignissen und erzählt faszinierende Geschichten. Für Interessenten an diesem stockdunklen Kapitel der Geschichte unserer Zivilisation ist dieses gut erzählte Buch ein Muss.

Bewertung: *****

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