Olivier Adam „Nichts was uns schützt“, 208 Seiten, 19,90 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608936063;
Was sind das für Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, die alles aufgeben, was sie kennen und was ihnen „Schutz“ gibt, um in Europa ihr Heil zu suchen? Die versuchen von Nordafrika in Nussschalen nach Sizilien überzusetzen oder von Marokko nach Spanien über Zäune klettern und immer wieder zurückgeschickt werden.
Frankreich ist vielmehr Einwanderungsland für diese Menschen, und wenn sie‘ schaffen, dann leben sie in den vergessenen Pariser Vorstädten, in den Banlieues, die immer wieder dann in den Blickpunkt rücken, wenn Autos brennen und Jugendliche randalierend durch die Straßen ziehen. Olivier Adam kennt dieses Milieu, der 35-Jährige ist dort aufgewachsen.
„Das Leben hatte Wände hochgezogen um uns herum, dahinter lief etwas vorbei, uns reichte es gerade noch, den Kopf in den Nacken zu legen, uns zu recken und ein ganz vages Bild zu erhaschen von dem, was uns entging, was wir hier verpassten.“
Marie, verheiratete Mutter von zwei Kinder, lebt in einer nordfranzösischen Kleinstadt. Ihr eintöniges Hausfrauen-Leben zermürbt die psychisch labile Frau. Durch Zufall kommt sie in ein Flüchtlingslager, wird mit Elend und Polizeigewalt konfrontiert. Je mehr sie sich für die Flüchtlinge engagiert, umso mehr entgleitet ihr ihr bürgerliches Leben. Am Ende steht ihre gesamte Existenz auf der Kippe.
Ein trostloses Buch, voller Emotion, voller Wut und Zärtlichkeit, geschrieben in einer fast lakonischen Sprache, wie man sie auch von französischen Filmen kennt. Wahrlich kein leichter Stoff über einen Aspekt unserer verdrängenden Wohlstandsgesellschaft, der kaum Beachtung findet.
Bewertung: ****
