Jonathan Coe „Der Regen, bevor er fällt“, 304 Seiten, 18,95 €, DVA, ISBN: 978-3421043672;
Ein klassischer Frauen-Roman, geschrieben von einem Mann – schon das klingt interessant. Dass der Autor noch dazu jemand ist, der sich bisher eher „männlichen“ Themen widmete, erhöht den Lese-Anreiz. In seiner Heimat England wurde Jonathan Coes achter Roman jedenfalls begeistert rezensiert.
Drei Generationen von Frauen und deren Sehnsüchte beschreibt Coe. Einen Stapel von 20 Fotos sowie vier von ihr besprochene Cassetten hinterlässt Rosamond der blinden Imogen, Enkelin ihrer Cousine Beatrix.
Die alte Frau möchte sich, den nahen Tod vor Augen, erklären, vor allem aber ihre Beziehung zu Beatrix und deren Leid mit der lieblosen Mutter, die sich von diesem Erbe nicht lösen konnte und ein dunkles Familiengeheimnis birgt – jenes Unglück, bei dem Imogen ihr Augenlicht verlor.
„Ich möchte dir, Imogen, einen Begriff von deiner Geschichte vermitteln. Du sollst ein Gefühl dafür bekommen, wo du herkommst und welches die Triebkräfte waren, die dich hervorgebracht haben.“ So kraftvoll beginnen die Aufzeichnungen, und so kraftvoll ist dieser Familienroman, der eine Geschichte erzählt, die bis in die 1930-er Jahre zurückreicht.
Coe erzählt aber keinen zeitgeschichtlichen Roman, sonders es geht um Universelles, um die Gefühle zwischen Mutter und Tochter, um Liebe und Schmerz. Und es ist eine Geschichte in Bildern. Das mag irritieren im Zusammenhang mit der blinden Imogen, aber sind wir als Leser nicht auch blind?
„Ich habe 20 Jahre warten müssen, um diesen Roman schreiben zu können“, erzählt Coe in einem Rundfunk-Interview. „Alles begann mit einer Begegnung, wie sie auch in dem Buch beschrieben wird. In den 80er-Jahren sah ich auf einer Party ein siebenjähriges blindes Mädchen. Sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf.“ Vor einigen Jahren stieß er wieder auf die Notizen und schrieb dieses Buch.
Gut so!
Bewertung: ****
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