Madeleine Thien „Flüchtige Seelen“, 256 Seiten, Luchterhand, 19,99 €, ISBN: 978-3630873848;
In der Rangliste der Massenmörder nehmen die Roten Khmer in Kambodscha eine Sonderrolle wahr. So grausam war kaum eine Mörderbande, so systematisch hat kaum eine Landesregierung ihre Intelligenz vermittelt und den Staat in die Steinzeit zurückversetzt. Die Leiden der Opfer dauern bis heute an.
Madeleine Thien, in Kanada geborene und lebende Tochter aus einer chinesisch-malayischen Verbindung, hat die Spuren der Terrors bis nach Kanada verfolgt. Janie und Hiroji arbeiten als Neurologen in der Hirnforschung. Sie arbeiten mit Patienten, die ihre Erinnerung verlieren.
Hirojis Verschwinden bringt Janie in eine Notlage. Sie beginnt sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Es ist eine Flüchtlingsgeschichte. Ihre Familie hatte Kambodscha aufgrund des Terrors verlassen müssen. Eltern und Geschwister schafften die Flucht nicht. Eine Schuld, mit der Janie nicht fertig wird – und die Verbindung zu ihrem Mentor Hiroji, denn der Bruder des japanischen Mediziners hat sich auf die Spur seines in Kambodscha verschollenen Bruders gemacht.
So grausam die Geschichte auch ist, die Thien geschrieben hat, sie erzählt sie in leisen, einfühlenden Sätzen, die den Leser in den Bann ziehen. Auch wenn die Autorin eigentlich keine Verbindung nach Kambodscha hat, so hat Thien in dem Land doch gründlich nach den Spuren der Schergen Pol Pots gesucht und ihre eigene Migrationsgeschichte hat ihr Zugang zum Thema zweifellos erleichtert.
Ein außergewöhnlich intensiver Roman.
Beurteilung: *****