Charles Chadwick „Die Frau, die zu viel fühlte“, 224 Seiten, 18,99 €, Luchterhand, ISBN: 978-3630874067;
So fühlt sich Altersweisheit an. Charles Chadwick, Jahrgang 1932, der mit 72 Jahren sein erstes Buch veröffentlichte, begeistert seine Fans – und die werden mehr – seither spätestens alle zwei Jahre mit einem neuen gehaltvollen Roman. Meistens geschrieben aus einer Position des Ich-habe-schon-viel-erlebt.
Nach vielen Jahren der Trennung treffen sich die Geschwister John und Hester, beide schon jenseits der 50, wieder. Und schon bald fragen sie sich, was eigentlich aus ihrer Schwester Julie geworden ist, zu der der Kontakt völlig abgerissen war. Hester, eine Bibliothekarin, ist es, die sich an John wendet in Sachen Julie. John, als politischer Redakteur zynisch und abgestumpft, will aber nicht, bis ihn die Erinnerungen an die Kindheit immer mehr einholen.
Er macht sich auf die Suche nach Julie, scheitert, probiert es noch einmal und findet sie tatsächlich. Aber sie erkennt ihn nicht, lebt in ihrer eigenen Welt.
Wie schon in den drei Romane zuvor, erweist sich Chadwick hier wieder als ruhiger Erzähler, der eine Geschichte in vielen Facetten gemächlich aufblättert. Er ist ein Schriftsteller, auf den man sich als Leser einlassen muss. Tut man es, dann lohnt es sich – bei diesem Meister der Gefühle.
Bewertung: *****