Ingo Schulze „Adam und Evelyn“ , 304 Seiten, 18 €, Berlin, ISBN: 978-3827008107;
Für Evelyn würde Adam bis ans Ende der Welt reisen. Und doch verguckt sich der Schneidermeister (wieder mal) in eins seiner Geschöpfe – blöderweise wird er erwischt. Evelyn haut ab nach Ungarn, mit dem Westcousin einer Freundin, und Adam hinterher. Ein amüsanter Roman über Liebe im Osten, die Mauer und deren Öffnung und das bürgerliche Leben schlechthin.
Das Senfglas, dass Adam und Evelyn als Andenken aufheben, kauften sie im August 1989 am Balaton. In diesen, sehr spannenden Wochen stürzte die alte Ordnung, die Ost-West-Trennung. Die Ordnung zwischen Adam und Evelyn war eigentlich schon längst dahin, das Herumgemache mit der drallen Kundin Lilli macht’s eigentlich nicht mehr fett.
Es wird viel gesprochen in diesem Roman. Evelyn mit Adam, der eigentlich Lutz heißt, und über ihn. Der Westcousin, mit dem Evelyn nach Ungarn abrauscht, heißt Michael, und er hat ihr ein Parfüm geschenkt. Eigentlich soll ja Michael seine Cousine heiraten, damit er sie in den Westen mitnehmen kann.
Wie ein Stalker verfolgt Adam seine Evelyn und trifft kurz vor der Grenze auch noch Katja. Die wollte eigentlich durch die Donau schwimmen, um in den Westen zu kommen. Adam nimmt sie im Kofferraum seines alten Wartburgs mit. Und dann ist die Grenze offen, und es geht weiter gen Westen.
Knapp 20 Jahre nach dem Fall der Mauer wird Ingo Schultze, Jahrgang 1961, zum Chronisten der bürgerlichen DDR, des Spießer-Alltags im Arbeiter- und Bauernparadies. Er erzählt, beziehungsweise lässt reden, und das in rasantem Tempo. Die Kapitel sind kurz und äußerst prägnant.
So wie schon die Namen der beiden Protagonisten mystisch belegt sind, so hat Schulze immer wieder Hinweise auf eine höhere Ordnung mit eingebaut. So gibt er dem Fall der Grenzen zwischen Ost und West auch den Stellenwert, der ihm gebührt.
Ein köstliches Buch, vergleichbar noch mit Michael Klonovskys „Land der Wunder“.
Bewertung: ****
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