The Bodleian Library „Leitfaden für britische Soldaten in Deutschland 1944“, 160 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, 8 €, ISBN: 978-3462046342;
Ein kleines Büchlein, auch schon bald eineinhalb Jahre auf dem Markt, aber als Kuriosum einzigartig. Mit dem „Leitfaden“ im Tornister wurden die britischen Soldaten am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland geschickt. Eine Einführung in deutsche Geschichte, deutsche Kultur und Benimmregeln für die künftigen Besatzer. Leitmotiv: „Bleiben Sie anständig und gerecht, aber werden Sie nicht weich.“
Deutsche und Briten sind unterschiedlich, das würde wohl jeder unterschreiben. Und dass die Unterschiede in der heutigen, globalisierten Welt geringer sein dürften als vor 70 Jahren auch. Umso faszinierender sind Sätze wie diese:“Sie sehen aus wie wir. Aber sie sind uns nicht so ähnlich, wie es scheinen mag.“ Denn: „Nie zuvor ist Mord in einem so großen Ausmaß organisiert worden wie durch die deutsche Regierung und die deutsche Armee in diesem Krieg.“
Die britische Armee hatte offenbar aus den Fehler der Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg gelernt. Drei Verhaltensregeln geben sie deswegen ihren Soldaten mit: Sie dürfen sich mit den Deutschen nicht zu stark einlassen, also nicht fraternisieren. Sie mögen schon gar nicht versuchen zu unterscheiden zwischen Nazis und Deutschen. Und es dürfe nicht so weitergehen wie zuvor, nötig sei ein gründliches Umlernen in den neuen Verhältnissen nach Kriegsende.
Aber der „Leitfaden“ ist viel mehr als ein politisches Werk. Er ist ganz pragmatisch aufgebaut, mit einer Einführung in die deutsche Geschichte seit dem Kaiserreich, einfachen Verhaltensregeln, Tipps zur Verständigung und einer Beschreibung der Menschen: Die seien obrigkeitshörig und würde die Kriegsschuld nicht annehmen. Sie liebten „militärisches Gepräge“ lieben und hätten gleichzeitig Minderwertigkeitsgefühle.
Herrlich, nachdenklich.
Bewertung: *****