Barbara Köhler „Istanbul, zusehends – Gedichte, Lichtbilder“, 80 Seiten, Lilienfeld, 18,90 €, ISBN: 978-3940357489;
Nicht Tourist, nicht Einheimische, so fühlte sich die Dichterin Barbara Köhler, als sie, 2014, ein paar Wochen in Istanbul lebte. Genau gesagt in Beyoglu, dem europäischsten (einst griechischen) aller Stadtteile, der tatsächlichen Schnittstelle zwischen Europa und Asien. Unterwegs mit einer Digitalkamera hielt sie in Bild und Gedicht ihre Eindrücke fest. Ein schönes Büchlein.
Es ist die Zufälligkeit der Bilder, die ihren Reiz beschreiben. Kein stylischer Fotograf auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten, sondern eine Künstlerin, die ab und an, wenn ihr was auffällt/gefällt, mal auf den Auslöser drückte. So entstand ein ganz persönliches Istanbul-Buch, aber ein sehr reizvolles, gerade für Leute, die Istanbul kennen und mögen.
Köhler erlebte die Stadt in bewegten Zeiten. Gleich in ihrer Nachbarschaft, am Taksim-Platz, arbeiteten sich Demonstranten ein paar Monate vorher gegen die Behörden auf, um den Gezi-Park vor der Zerstörung zu bewahren. Köhler war nicht dabei, sie erlebte den Protest nicht mit und doch ist er Teil ihrer Betrachtungen.
Istanbul ist eine Stadt der Gegensätze, extrem hässlich und unfassbar schön zugleich. Köhler erfasst dies in ihren Gedichten. Und sie warnt zugleich, ihre subjektiven Eindrücke ungeprüft zur eigenen Wahrheit zu machen. Denn ihre Bilder (und Gedichte) bedienen vor allem Bilder (und Textliches), die wir schon im Kopf haben. Ergo: Er lebe Istanbul selbst. Ganz genau.
Bewretung: *****