Henriette Schroeder „Ein Hauch von Lippenstift für die Würde: Weiblichkeit in Zeiten größter Not“, 160 Seiten, Elisabeth Sandmann, 24,95 €, ISBN: 978-3938045916;
Würde in Zeiten von Krieg und Verfolgung. Ob die Journalistin Henriette Schroeder wohl geahnt hatte, dass ihr Buch über ein Jahr nach Erscheinen so aktuell sein würde. In einer Zeit, in der täglich Tausende aus Bürgerkriegsländern nach Europa fliehen, wird Weiblichkeit hochgehalten. Zu Recht und absolut gerechtfertigt.
Ein Lippenstift, nur ein Lippenstift. Männer können das vielfach nicht verstehen, aber für uns Frauen ist es wichtig, dass wir auch in der Not noch etwas für uns Äußeres tun können. Das Äußere als Spiegel unseres Innenlebens. Und die Lippenstifte sind das Symbol dafür. Gerade in Zeiten, in denen es den Menschen schlecht geht, haben sie Hochkonjunktur. Warum das so ist, wird in diesem Buch erzählt.
Autorin Schroeder versammelt hier Geschichten von 23 Frauen, die Schlimmes erlebt haben. Von Herta Müller, der Literaturnobelpreisträgerin etwa, die in ihrer Heimat Rumänien Bespitzelung und Unterdrückung erfuhr. Von Edda Schönherz, einer Fernsehmoderatorin, die in der DDR inhaftiert wurde. Oder von Christiane Amanpour, die für den CNN im Krieg in Bosnien hautnah erlebte, wie wichtig Lippenstift für die Frauen sein kann.
Oder um Henriette Schroeder zu zitieren: „Sich schminken und etwas pflegen zu können, ist für Frauen, auch und vor allem in Zeiten größter Gefahr, von geradezu existenzieller Bedeutung.“ Selbst in Hungersituationen, so hat sie erfahren, zweigen Frauen Margarine ab, um sie als Gesichtscreme zu nutzen. Oder schlichte Kohle wird zum Nachziehen der Augenbrauen genutzt.
Ein vielfältiges, ein interessantes Buch, das offenkundig macht, wie wichtig der Erhalt der persönlichen Würde ist und wie gefährdet.
Bewertung: *****