Per Leo „Flut und Boden“, 348 Seiten, Klett-Cotta, 21,95 €, ISBN: 978-3608980172;
Auch wenn im Untertitel steht „Roman einer Familie“ so ist „Flut und Boden“ eigentlich weit mehr, eine Autobiografie, die Geschichte von Leos eigener Familie, von dessen Großvater, einst glühender Anhänger der Nazizeit und der Frage nach dem Warum.
Er ist schon den Zwanzigern, als Per Leo erkennt, wer sein Opa war, was er war, dann nämlich, als er sich das Bücherregal des Vorfahren mal näher anschaut, Und er entdeckt dort einen Großvater, den er nicht kannte. Der bekennende Nazi Friedrich Leo war Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. Per Leo erzählt aber auch die Geschichte seines Großonkels Martin, der das Gegenteil seines Bruder ist: ein Außenseiter, Freidenker und Feingeist.
Der Autor, der sich nur wenig bemüht seine Geschichte als die eigene zu tarnen, geht aber noch viel weiter in diesem grandiosen Werk, als nur eine mehr oder weniger typische Nazi-Geschichte zu erzählen. Er schafft den Kick in die Gegenwart, yals er erzählt, wie ihn, als er in Studententagen therapeutische Hilfe brauchte, die Psychologin erst dann ernst nahm, als er von seinem Großvater erzählte. Die Nazizeit und ihre Folgen bis heute.
Leo zeichnet die Geschichte des verstorbenen Großvaters mit der gebotenen Distanz nach. Obwohl es sich um seinen Großvater handelt, bleibt er quellengenau. Er wertet nicht, er stellt dar, und zeichnet ein genaues Bild, wie eine vermögende, Bildungsbürgerfamilie mit Versagen umgeht. Gar nicht. Und so beweist sich Schulabbrecher Friedrich bei den Nazis. Hab’s kapiert. Könnte auch heute so sein.
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