Karl Kraus „Die letzten Tage der Menschheit“, 800 Seiten, Jung und Jung, 28 €, ISBN: 978-3990270066;

Bald 100 Jahre alt und doch in Zeiten vom Bürgerkrieg in der Ukraine, von Irak und Syrien, von Islamismus und Unterdrückung der Demokratie so aktuell wie damals: Das berühmteste Werk eines der berühmtesten Schriftsteller Österreichs, in dem er nach dem Ersten Weltkrieg dessen Schrecken beschrieben hatte.

Karl Kraus (1876 bis 1936) war eine der schärfsten Stimmen der jungen österreichischen Republik. Bekannt war er schon zur Kaiserzeit. Ab 1899 gab er in Wien die legendäre Zeitschrift „Die Fackel“ heraus. Das kritische Blatt wurde ständig juristisch verfolgt, aber Kraus gab nicht auf.

Pazifist Kraus schrieb „Die letzten Tage der Menschheit“ von 1915 an. 1919 erschien das Gesamtwerk in Sonderheften der „Fackel“. Die „Tragödie in fünf Akten“ ist höchst modern. Ein Gutteil des Textes besteht aus Zitaten. Kraus fand sie in Zeitungen, in Urteilen, in militärischen Veröffentlichungen. Seine Haltung zum eigenen Staat veränderte sich in der Arbeit an dem Werk extrem. Der vormals konservative Anhänger der Habsburger wandte sich zum Kriegsende der Sozialdemokratie zu.

Dem politischen Autor Kraus ging es aber sehr wohl um die Botschaft, um Authentizität. Niemand sollte sagen können, er habe nichts gewusst. Gleich im Vorwort schreibt wer dazu: „Die unwahrscheinlichsten Taten, die hier gemeldet werden, sind wirklich geschehen; ich habe gemalt, was sie nur taten. Die unwahrscheinlichsten Gespräche, die hier geführt werden, sind wörtlich gesprochen worden; die grellsten Erfindungen sind Zitate.“

Schön, dass sich der österreichische Verlag „Jung und Jung“, der viele Talente entdeckt hat (unter anderem die Deutscher-Buchpreis-Siegerin Ursula Kreichel) auch seine Verantwortung für die Geschichte untermauert, in dem er das Mammutwerk in einer schön editierten Auflage (Nachwort von Franz Schuh) wieder erschienen ließ.

Bewertung: ****

 

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Lauter Lesenswertes

Die letzten Tage – heute noch

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