Ohne Kindheit ist alles nichts. In „Das Mädchen“ erzählte Angelika Klüssendorf die Geschichte eines namenlosen Mädchens, dessen Eltern in jeder Hinsicht versagten. Inzwischen ist das Kind fast erwachsen, nennt sich April, und kämpft sich durch ein Leben, das keiner von uns Lesern tauschen möchte.
Wir sind Ende der 70er Jahre, in Leipzig, April lebt nicht mehr im Heim, hat die Ausbildung abgebrochen und bekommt eine Arbeit zugewiesen. Sie versucht Freiheit in der Unfreiheit zu finden, Grenzen zu überwinden und scheitert doch immer wieder. Auf jeden kleinen Sieg folgt alsbald die Ernüchterung, auf jeden Glücksmoment eine Enttäuschung. Und es wird auch nicht gut, als sie aus der miefigen DDR nach West-Berlin kommt.
Die DDR spielt in diesem Roman eine Hauptrolle, die Zustände in der Unfreiheit, die Piefigkeit und Kleinbürgerlichkeit des Arbeiter- und Bauernstaats und auch die Auswege, die Literatur und Kunst bieten konnten. Jene Auswege, die April sucht, auf die sich schmeißt, auf die sie all ihre Hoffnungen setzt.
Nüchtern, lakonisch, gnadenlos ist Klüssendorfs Erzählweise. Sie geht dahin, wo es weh tut. Vielleicht auch weil sie weiß, wovon sie spricht. In ihrer eigenen Biografie finden sich durchaus Parallelen zu April. Das knappe macht dieses Buch so eindringlich, so wertvoll, als wahrhaftige Erinnerung, wie das damals war.
Bewertung: *****
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