„Vielgestaltig ist das Ungeheure, und nichts ist ungeheurer als der Mensch“, schrieb vor bald zweieinhalbtausend Jahren der Dichter Sophokles. Was also ist der Mensch? Das ist die zentrale Frage dieses opulenten, mehr als 800 Seiten stark, großformatigen Wälzers. Kürzer kann man sich diesem Thema wohl auch nicht widmen. Georg Brunolds Anthologie von menscherklärenden Textversuchen ist zwar schon vor gut einem Jahr erschienen, für mich aber das Buch des Jahres 2014 und eine wirkliche Empfehlung.
Wie kann ein Mensch nur so viel wissen? Mehr als 300 Texte hat der Journalist und Philosoph Brunold für dieses Buch zusammengetragen und sich über 2500 Jahre Menschheitsgeschichte ausgebreitet. Das interessanteste Tier für den Menschen sei der Mensch, behauptete Johann Gottlieb Fichte 1803, vor gut 200 Jahren also. Die Fragen nach dem, was wir sind, was wir waren und was wir werden, sind vielfältig, die Antworten auch, und sie zeigen zu welch außergewöhnlichen Denkanstrengungen unsereins fähig ist.
Schon Brunolds 2009 erschienenes „Nichts als die Welt“ bot einen faszinierenden Blick in das Denken der Menschen, „Nichts als der Mensch“ krönt dies nun noch. Auch in diesem Werk finden sich wahre Schätze, Texte, deren Urheber man heute kaum (oder gar nicht mehr) kennt. Diese werden von Brunold eingeordnet, er lässt seine Leser nicht allein.
„Was ist der Mensch?“ für Imanuel Kant war das die Frage aller Fragen. Wer war Napoleon? Diese Frage beantwortete dessen einstiger Widersacher Klemens Wenzel Lothar Forst von Metternich 1844. Er wimdet sich der Frage, ob der französische Kaiser von Natur aus gut war oder böse, ob er den Beinamen „der Große“ verdient hätte und kommt am Schluss seines Aufsatzes zu einer interessanten Conclusio über Napoleon und dessen französisches Kaiserreich: „Durch Napoleon begriffen und geschaffen, hat es nur in ihm allein existiert, mit ihm hat es vergehen müssen.“
Einer von vielen, vielen Erkenntnis bringenden Texten. Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube. Für kuschelige Stunden vor dem Holzofen ist es dann aber vielleicht doch ein wenig zu schwer. Man kann es ja kaum heben.
Volle Punktzahl aus vollem Herzen.
Bewertung: *****(*)
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