Heutzutage ist alles scharf. Selbst die babyfingernagelgroßen Objektive von Smartphones machen exakte Bilder. Was an Präzision fehlt, besorgen (HDR-)Filter. Die Künstlerin Isabella Berr ist den umgekehrten Weg gegangen. Sie setzt Unschärfe als Gestaltungsmittel an und produziert schemenhafte Fotos, die eher an abstrakte Gemälde erinnern als an realistische Momentaufnahmen.
Das Spiel der Farben und Formen, der Verzicht auf die genaue Verortung und Identifizierung der abgebildeten Menschen, hat seinen eigenen Reiz. Nein, es ist nicht so wie Tropfen auf einer Scheibe, es ist auch nicht der übertriebene Einsatz eines Weichzeichners oder eine Bewegungsunschärfe, nein, Isabella Berr zeigt alles, was sie zeigen will.
Manchmal sind auch die Gesichter erkennbar, aber dann sind die so weit entrückt, dass eine innere Unschärfe projeziert wird. „Kein Ort, Nirgends“ heißt ein undatiertes Bild, dessen Titel für viele andere steht und mit dem Berr zu den Anfängen der Fotografie vor 200 Jahren zurückkehrt. Die Welt als Traum, hieß die geltende Metapher und vom Stillstand der Zeit. Beides zeigen Berrs Bilder, indem sie ihre Motive schlichtweg zerstört und in einem neuen Kontext zusammensetzt.
Abstrakte Fotografie, das hat was.
Bewertung: ****
lang="de">