Elif Shafak „Die vierzig Geheimnisse der Liebe“, 512 Seiten, 22,90 €, Kein & Aber, ISBN: 978-3036956664;
Elif Shafak ist das Gegenteil dessen, was in der Türkei gerade staatlich angesagt ist. Ein internationaler Mensch (geboren in Straßburg), gut ausgebildet, weltoffen, säkular, aber der Tradition ihres Heimatlands nicht abgeneigt. Mit dem grandiosen Roman „Die vierzig Geheimnisse der Liebe“ versucht sie, islamische Mystik und westliche Welt einander näher zu bringen.
Der Rahmen des Romans ist die Geschichte von Ella, einer Frau in einer amerikanischen Kleinstadt. Kinder, Hund, alles gut versorgt, alles proper, lieblos, langweilig. Und so lähmt sie eine Leere – bis sie in ihrem früheren Beruf als Literaturagentin mit dem berühmten Mystiker und Sufi Rami konfrontiert wird – ein Erweckungserlebnis der besonderen Art.
Obwohl Rami ein Mann des Mittelalters ist, sind seine Regeln der Liebe universell. Und beim Studium der alten Schriften wird Ella sehr bald gewahr, dass sie ihr Leben ändern muss. Und das tut sie dann auch mit großer Begeisterung.
Erbauungsliteratur für den Mittelstand, spottete die Berliner Zeitung“taz“ und hob die einst viel stärker gesellschaftskritische, einstige Feministin Shafak in eine Reihe mit dem umstrittenen Prediger Fetullah Gülen.
Ja, mag sein, dass sie, die sich einst mit dem Tabuthema des Genozids an den Armeniern befasste, dass sie den Spiritismus für sich entdeckt hat und dafür das Kämpferische aufgibt, gelungen ist ihr aber eine Übersetzungsleistung, die des „friedlichen Islam“, der in der westlichen Wahrnehmungen bestenfalls kleine Rolle spielt.
Und so ist dies eine kleine Geschichte über eine Begegnung zwischen Ost und West, Islam und Christentum, flott erzählt. Kein Drama, kein Krimi, aber doch lehrreiche Unterhaltung auf hohem Niveau.
Bewertug: ****