Oskar Roehler kannte ich zuvor nur als Filmemacher: „Die Unberührbare“, ein Film über seine eigene Mutter, oder das ebenso beeindruckende „Agnes und seine Brüder“. Nun hat sich der Sohn der Schriftstellerin Gisela Elsner auch als fähiger Autor hervorgetan. Kein Wunder bei so einer belebten Familiengeschichte.
Denn die eigene Geschichte ist Grundlage für den Roman „Herkunft“ – „mit aller Blödheit und allen Verfehlungen“, wie der Autor im Spiegel-Interview bekannte. Im Mittelpunkt steht die Mutter, eine fanatische Feministin, deren Kampf gegen das Männliche so weit ging, dass sie den eigenen Sohn ablehnte. Kein Wunder, dass sich Roehler nach ihrer Selbsttötung vor 20 Jahren vor allem erleichtert fühlte.
Schon Roehlers Großmutter war eine schwierige, sehr machtbewusste Frau. Verheiratete mit einem Siemens-Direktor versuchte sie die Töchter reich zu verheiraten. Aber Roehlers Eltern waren nicht nur radikal und extrem, sie warn vor allem lieblos. Sogar der Vater sagte dem jungen Oskar, benannt nach dem Helden von Grass‘ „Blechtrommel“, einstmals, die Mutter hätte ihn besser abgetrieben.
Das Martyrium seiner Kindheit schildert Roehler, im Buch Robert, in eindringlichen Worten. Intensiv befasst er sich aber auch mit den Eltern der Eltern, Vater Roehlers Vater etwa. Als der aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, lebte seine Frau mit ihrem Sohn und der Schwester des Mannes in enger Beziehung. Auch so eine Tragödie.
Drei Generationen Bundesrepublik schildert Roehler in seiner romanhaften Autobiografie. Sie ist keine Abrechnung, aber sie räumt mit Vorurteilen und Klischees auf, vor allem über das ach so schöne, sündenreiche Künstlerleben – das zumindest im Fall der Roehlers höchst erbärmlich ausfiel.
Bewertung: ****