David Simon „Homicide“, 800 Seiten, 24,90 €, Kunstmann, ISBN: 978-3888977237;

Kennen Sie „The Wire“? Diese großartige amerikanische Fernsehserie, die Sie in Deutschland nur als Nachteule sehen konnten, weil sie so wenig Zuschauer hatte? Ja, dann ist dieses Buch für sie richtig. „The Hmicide“ ist sozusagen die gedruckte Version und erzählt die ungeschminkte Wahrheit aus Baltimore, einer der gewalttätigsten Städte der Welt.

In dieser Stadt zeigt es sich, das zerrüttete Amerika. Die letzte verbliebene Weltmacht, das Schuldenmonster, die Guantanamo-Demokratie – kein Land ist so widersprüchlich wie die USA, mal so verrottet wie eine Dritt-Welt-Metropole mal piekfein wie Monaco. .

In den vernachlässigten Vierteln im Westen von Baltimore, wo der ehemalige Polizeireporter David Simon, viele Jahre tätig war, gilt ein Leben gar nichts, und die Verhältnisse spiegeln die gesellschaftliche Kluft wider:  „Wenn jemand einen umbringt wegen eines Turnschuhs oder Drogen, dann ist das nicht der eigentliche Grund. Die tiefere Ursache ist: Ich habe keinen Platz in dieser Gesellschaft und ich bin außer mir. Ich habe keine Zukunft, ich gehöre zum anderen Amerika.“

Simon ist dabei auf der Seite des Gesetzes. Er schildetr den Alltag, die Frustrationen, die Versuchungen der Polizei. „Ich wollte einen neuen Blick auf die Massenproduktion von Gewalt werfen, die sich in den amerikanischen Städten breitgemacht hatte.“

20 Jahre alt ist Simons Bericht schon. Er hat an Aktualität nicht verloren, im Gegenteil. Im entindustrialisierten, von der Wirtschaftskrise und von der geplatzten Immobilienblase gebeutelten Amerika von heute dürfte alles noch viel schlimmer sein.

Bewertung: *****