Gabriele Kögl „Vorstadthimmel“, 276 Seiten, 17,90 €, Wallstein, ISBN: 978-3835308442;
Ein Mann, wie frau ihn sich wünscht: Zahnarzt, ein Lamborghini, den er Panther nennt, eine Villa in bester Lage in Wien, die Ehefrau aus gutem Haus. Alles super also, oder eben doch nicht. Denn als ihm seine ihn anhimmelnde Geliebte offenbart, sie sei schwanger, bricht das fragile Idealbildnis von Heinrich abrupt zusammen. Davon erzählt die Grazerin Gabriele Kögl in ihrem jüngsten Roman.
Margot, so heißt Heinrichs Geliebte, ist Mitte 30, mäßig erfolgreich in ihrem Job beim Radio und bei Männern, darüber frustiert. Doch ein Kind von Heinrich, so wird ihr schlagartig klar, wird ihr Leben verändern. Die letzte Chance Mutter zu werden, etwa, und außerdem: So eine schlechte Partie ist Heinrich ja nun auch nicht. Aber der denkt gar nicht daran, sein Doppelleben zu verändern. Er fordert die Abtreibung.
In dieser psychologisch sehr eindringlichen Beziehungsstudie verlässt sich Kögl nicht nur auf ihr hohes Einfühlungsvermögen, sie spielt auch mit den Umständen, Heinrichs Tätigkeit als Zahnarzt und seine Triebgesteuertheit, die darin mündet, dass er sich für einen ausgezeichneten Liebhhaber hält, passen, so findet sie gut zusammen:
Heinrich konnte es so schmerzarm wie kaum ein anderer. Jahrelang hatte er sich damit beschäftigt, er hatte akribisch nach jenem Punkt im Zahnfleisch gesucht, der am wenigsten empfindlich ist. Er traf ihn fast immer. Er hatte das absolute Gefühl für den schmerzlosen Punkt. Dann wartete er geduldig. Das taten die wenigsten Zahnärzte. Sie wollten Zeit sparen. Schnell, schnell, das Wartezimmer ist voll. Heinrich nahm sich immer Zeit, er wartete, bis die Spritze ihre volle Wirkung entfaltete. Erst dann spritzte er ausgiebig und mit vielen kleinen Stichen den restlichen Bereich der Nerven ein.“
Bisweilen musste ich laut lachen bei diesem Buch über Männer und Frauen.Und doch ist es tragisch, weil Heinrichs Verantwortungslosigkeit so ein weit verbreitetes Übel in unserer Gesellschaft ist.
Bewertung: ****