Als Jugendlicher stand ich auf Erkan & Stefan, die beiden türkisch-deutschen Freunde, die ein Sprachgemisch namens Kanak pflegten. So eine Sprache kennen auch die Briten: Pigeon English, und genauso heißt auch der Debütroman des Londoners Stephen Kelman. Er spielt, natürlich, im Migrantenmilieu.
Am Anfang steht ein Mord. Das Opfer ist ein amerikanischer Junge. Der elfjährige Harri Opuka, der mit seinem Freund am Tatort vorbeikommt und neugierig wird, beginnt zu ermitteln – aus seiner Perpsektive und aus der wird nun erzählt, in feinstem Pidgin-Englisch, der Sprache der Einwanderer.
Und gtenau die ist es, die nach einiger Gewöhnung, Spaß macht an diesem Roman, der viel Überraschendes, viel Erschreckendes aus dem Einwanderermilieu liefert und bei dem natürlich nicht der Kriminalfall im Vordergrund steht.
Harri hat allerlei für ihn normale, für den Leser aber sehr irritierende Erlebnisse in seiner Community, sei es nun die 14-Jährige aus der Nachbarschaft, die schwanger ist, was für ihr Umfeld völlig normal erscheint. Harris kindliche Sicht und Sprache („Alder, ich schwör ey…“) gibt dem Roman seine große Authentizität.
Der Junge war mit Mutter und Schwester aus Ghana nach London gezogen. In seiner Hochhaussiedlung dominieren Schmutz und Verfall, und doch gelten klare Regeln, zum Beispiel die, wer in welcher Jugendgang zu sein hat, wo man sich aufhält und wo besser nicht, wiel da die anderen sind. Gewalt spielt eine extrem große Rolle in diesem Kosmos. Pöbeleien, Schlägereien sind schon für die Kinder an der Tagesordnung, frühzeitig lernen die Kids mit Messern umzugehen.
Spannend, interessant erzählt und eine Herausforderung für die Übersetzer.
Bewertung: ****