Siri Hustvedt ist eine der besten Schriftstellerinnen, die ich je gelesen habe. Eigentlich sogar die beste: „Was ich liebte“ habe ich etliche Male an liebe Menschen verschenkt. Das ist allerdings Fluch und Segen zugleich: Denn alles was die mit Paul Auster verheiratete New Yorkerin seither veröffentlichte, kam an „Was ich liebte“ nicht annähernd heran. Das gilt auch für „Der Sommer ohne Männer“.
Der seit Donnerstag erhältliche jüngste Hustvedt-Roman ist zweifellos ein gutes Buch, ein sehr gutes sogar. Und trotzdem hatte ich mir mehr erhofft, wie das so ist, wenn die Messlatte extrem hoch liegt.
Die amerikanisch-norwegische Autor, Jahrgang 1955, schreibt über das Leben in der Stadt, die sie am besten kennt. New York City. Im Mittelpunkt stehen die Dichterin Mia und Boris, ein Neurowissenschaftler, beide gut über 50. Ihre Ehe ist aus dem Tritt geraten. Boris hat sich seiner Assistentin zugewandt, Mia macht das irre, sie lässt sich eine eine Klinik einweisen.
Dort orientiert sie sich neu, wandelt ihre Wut auf die Männer im Allgemeinen und ihren eigenen im Besonderen in Verse und Geschichten um. Was ihr gut tut und im fernen Boris Frühlingsgefühle weckt – und ihn letztlich zu Mia zurücktreibt, reumütig natürlich.
Das ist ein Roman über Frauen – der untreue Gefährte ist tatsächlich nebensächlich – über Wünsche, Sehnsüchte, betrogene Hoffnungen und die Möglichkeiten, die moderne Frauen heute haben. Mias 90-jährige Mutter weiß dazu was zu sagen, aber auch die Schülerinnen der Dichterin, denen sie die Poesie näherbringen möchte.
Ein kluges (Frauen-)Buch, das dank Hustvedts exakter Beobachtung und Schreibe nicht ins Banale abrutscht.
Bewertung: ****