Die Geschichte ist geschrieben, und alles ist längst bekannt. Von wegen. Geschichtsbücher von heute haben nichts mehr mit bloßen Aufstellungen von Jahreszahlen zu tun, wie zwei grandiose neue Werke, erschienen vor ein paar Monaten und herausgebracht von zwei Professoren, belegen – auch für den Laien! Vorgestellt werden:
Christian Marek „Geschichte Kleinasiens in der Antike“ (C.H. Beck);
Mischa Meier/Steffen Patzold „August 410 – Ein Kampf um Rom“ (Klett-Cotta);
Mehr dazu:
Christian Marek „Geschichte Kleinasiens in der Antike“, 900 Seiten, 44 €, C. H. Beck, ISBN: 978-3406598531;
Kleinasien, das lernt jedes Schulkind, ist die Wiege der Zivilisation, neben dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris und Ägypten. Das antike Kleinasien, das ist im Wesentlichen die heutige Türkei, also das anatolische Hochland: Griechen und Römer traten dort als Invasoren auf, die Hethiter gründeten ihr Großreich, die ersten Städte wurden dort gebaut, und auch die Anfänge des Christentums befinden sich dort.
Kein Wunder, dass sich der Züricher Altertums-Professor Christian Marek fast 1000 Seiten nimmt, um Kleinasiens Geschichte von der Steinzeit bis zu den Verwaltungsreformen von Kaiser Diokletian und der Teilung des römischen Reichs.
Kleinasien war in der Antike so etwas wie ein Scharnier zwischen Ost und West, Orient und Okzident. Über Kleinasien lief alles, der Austausch von Waren, Religionen und Völkern, und hier entschied sich in Kriefgen das Schicksal ganzer Reiche, etwa in den Perserkriegen im fünften Jahrhundert vor Christus oder den Eroberungen von Alexander dem Großen gut 200 Jahre später.
Die Hethiter waren die ersten, die ein internationales Staatensystem schufen, zwischen ihnen und den Ägyptern wurde der erste Friedensvertrag aller Zeiten unterzeichnet. Kleinasien hat auch immer wieder bewiesen, welch segensreichen Einfluss die Vermischung verschiedener Kulturen hat – eine Lektion, die man auch heute nicht vergessen sollte.
Ein opulentes Werk, das sich an den Laien und an den Experten richtet und dank der von Marek ausgewerteten Quellen von unglaublicher Detailtiefe ist. So erzählt Marek auch überlieferte Begebenheit aus dem Alltag im römischen Kaiserreich, unter dem Kleinasien eine lange Phase des Friedens und wachsenden Reichtums erlebt hatte.
Ein Buch, um wieder darin zu schmökern.
Bewertung: *****
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Mischa Meier/Steffen Patzold „August 410 – Ein Kampf um Rom“, 259 Seiten, 19,90 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608946468;
Dies ist kein gewöhnliches Geschichtsbuch. Es ist ein Buch über Deutungen, Interpretationen und auch den Missbrauch eines bis heute in der Überlieferung präsenten Ereignisses der Weltgeschichte: Am 24. August 410 überrannten die Goten unter Führung ihres Generals Alarich Rom und verließen die Ewige Stadt nach drei Tagen Plünderung wieder.
Das ist alles!
Und doch ist dieses Ereignis, das die acht Jahrhunderte währende Unbesiegbarkeit der Welt-Hauptstadt beendet, bis heute unvergessen. Die Christen machten daraus eine göttliche Prüfung, in neuerer Zeit wurde aus dem Goten Alarich ein Deutscher, in einem Atemzug genannt mit Hermann dem Cherusker, und selbst 9/11 wird noch mit 410 in eine Reihe gesetzt.
Tatsache ist, keiner derer, die über die Eroberung Roms geschrieben haben, haben sie auch erlebt. Selbst die Zeitgenossen hielten sich eher an Ausschmückung und Interpretation als an die Fakten. Und so haben die Tübinger Geschichtsprofessoren Mischa Meier und Steffen Patzold die Pakete aufgeschnürt.
Und was bleibt?
„Am 24. August des Jahres 410 eroberte ein Heer unter der Führung eines Generals namens Alarich die Stadt Rom. Drei Tage plünderten Alarichs Soldaten die alte Hauptstadt des Römischen Imperiums. Am 27. August zogen sie wieder ab.“ So heißt’s am Anfang und am Ende dieses faszinierenden Buchs.
Bewertung: *****
Danke für die tollen Tipps! Ich bin selber Fan der Antike und ich denke, dass ich mir demnächst August 410 zulegen werde, weil es wirklich sehr interessant klingt.
Viele Grüße,
Mira