Samantha Harvey „Tage der Verwilderung“, 352 Seiten, 21,95 €, DVA, ISBN: 978-3421043825;

Wie schreibt man über Alzheimer? In der Regel aus der Sicht der Angehörigen. Samantha Harvey, 35 Jahre alt, näherte sich der Krankheit aus Sicht des Kranken – ein spannender Versuch, denn schließlich vergisst der Kranke ständig, was mit ihm und um ihn passiert.

Im Mittelpunkt steht der ehemalige Architekt Jake. Er hatte zeitlebends davon geträumt, ein Haus ganz aus Glas zu bauen. Jetzt ist er 60 und krank, der Traum ist erledigt. Was er gebaut hat, ist ein  Gefängnis. Ironie der Geschichte: Eben dort sitzt sein eigener Sohn, Henry, ein.

Warum das so ist, weiß Jake nicht mehr, er hat auch vergessen, was aus Frau und Tochter geworden ist. Manchmal geht er durch die Wohnung und ruft nach  „Helen!“. Er findet sie nicht, er überlegt und weiß nicht, was aus ihr geworden ist.

Schritt für Schritt verliert Jake den Halt, die Orientierung, ja die Identität. Denn ohne Erinnerung kann der Mensch nicht existieren. Ganz langsam, geradezu bedächtig schildert Samantha Harvey dieses Schicksal, dessen Tragik in gewisser Weise darin besteht, dass Jake immer wieder lichte Momente hat und sich an alles erinnern kann, bevor er dann zurück fällt in den Zustand des Vergessens.

Bewertung: ****

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Lauter Lesenswertes

Das Vergessen kommt in Wellen

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