Ihr erstes war zugleich ihr letztes Buch. Die Ich-Erzählerin Amelia, 70 Jahre alt, leidet an ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Sie weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, nur noch einen letzten Sommer. Und so lässt sie ihr Leben Revue passieren, eine italienische Familiengeschichte.
ALS ist grausam: Alltägliches wie Gehen, Sprechen und Schlucken werden bei dieser Muskelschwund-Erkrankung zum Problem. Die im Mai 2010 verstorbene Cesarina Vighy trug ihrer Schicksal mit Fassung und Selbstironie. Sie konnte schon nicht mehr verständlich reden, da schrieb sie noch, Finger für Finger, an ihrem Roman.
Aufgewachsen ist Vighy während des Krieges bei ihrer Mutter in Padua, in einer Pension, verwöhnt von den Gästen, „das meistgeliebte Kind der Welt“. Der Vater, ein Widerständskämpfer, war in Haft. Erst nach Kriegsende traf sich die kleine Familie in Venedig wieder. Die junge Cesarina tat, was ihr gefiel. Sie war Schauspielerin, studierte Literatur und wurde von einem wesentlich älteren Mann schwanger.
Sie ging nach Rom, lebte frei im Geiste der 1968-er, bevor sie als Bibliothekarin eine bürgerliche Existenz wählte und eine Familie gründete. Vighy reflektiert ihr facettenreiches Leben voller Humor und mit der Gelassenheit eines Menschen, der sein Leben gelebt hat. Ein ergreifendes Buch.
Bewertung: *****