Joseph Roth wird zu Recht immer wieder in einer Reihe von Stefan Zweig genannt oder mit Egon Erwin Kisch, mit dem er den Beruf des Reporters teilte. Seine literarische Reportage „Juden auf Wanderschaft“ gehört zu den besten des Genres. Der österreichische Brandstätter-Verlag hat nun erstmals eine illustrierte Ausgabe herausgebracht.
Verleger Christian Brandstätter war es ein persönliches Anliegen, dieses Buch zu machen, als Fan von Joseph Roth, für den just in dieser Geschichte der ganze Bilderreichtum von dessen fantastischer Sprache zum Ausdruck kommt, wie er – in etwas anderen Worten – in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Profil“ sagte.
Der 1894 im galizischen Brody (heute Ukraine) geborene und aufgewachsene Roth beschreibt in seinem 1927 erschienenen Essay eine längst untergegangene Welt: Die der Ostjuden, die vor allem aus Armut im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts gen Westen zogen, in die europäischen Großstädte, aber auch in die Neue Welt. Ihre „Schletl“-Kultur nahmen sie mit.
Roth, der selber aus diesem Milieu stammt, hat dies liebevoll, aber nicht ohne ironische Distanz nachgezeichnet. Aber wie jeder politische Journalist hatte er auch eine Mission. In seinem Vorwort heißt es mehr als deutlich:
„Der Verfasser hegt die törichte Hoffnung, dass es noch Leser gibt, die Achtung haben vor Schmerz, menschlicher Größe und vor dem Schmutz, der überall das Leid begleitet; Westeuropäer, die auf ihre sauberen Matratzen nicht stolz sind; die fühlen, dass sie vom Osten viel zu empfangen hätten und die vielleicht wissen, dass aus Galizien, Russland, Litauen, Rumänien große Menschen und große Ideen kommen; aber auch (in ihrem Sinne) nützliche, die das feste Gefüge westlicher Zivilisation stützen und ausbauen helfen – nicht nur die Taschendiebe, die das niederträchtigste Produkt des westlichen Europäertums, nämlich der Lokalbericht, als ‚Gäste aus dem Osten‘ bezeichnet.“
Mehr als 150 historische Schwarz-Weiß-Fotos hat Brandstätter dazu gestellt, eindrucksvolle Aufnahmen voller Kraft, Raritäten allesamt, denn es gab nur eine handvoll Fotografen, die in den 20-er Jahren ostjüdisches Leben festhielten. Seit 20 Jahren schon sammelot Brandstätter eben diese Fotos.
Eine wunderschöne Ausgabe, mit großem Wert auch für Zeitgeschichtler.
Bewertung: ****
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