Was Richard Yates für die amerikanische Gesellschaftskritik der Nachkriegszeit war, das ist Krimiautor Pete Dexter als Chronist der 70-er und 80-er Jahre: Ein dunkler, penibel recherchierender Autor, der sich den Menschen im Schatten widmet. Das eine wie das andere, großartige Literatur.
„God’s Pocket“, Gottes Handtasche, ist ein Stadtteil von Philadelphia. Hier leben lauter kleine Leute, solche, die entweder hart fürs Überleben arbeiten und solche, die ihren Lebensunterhalt jenseits gesetzlicher Grenzen verdienen. Kleinkriminalität blüht hier.
Leon Hubbard ist hier geboren. Er ist das, was man eine Ratte nennt, gewalttätig und jähzornig. Als er eines Tages ermordet wird, ist niemand traurig. Dass hinter dem angeblichen Arbeitsunfall mehr steckt, das glauben nur die Mutter des Ermordeten und ein Reporter namens Richard Shellburn, auch so eine gefallene Figur. Er sucht nach der Wahrheit in dieser von Gewalt beherrschendem Welt …
Pete Dexter, Jahrgang 1943, arbeitete viele Jahre als Zeitungsreporter in Philadelphia. Als er einmal brutal zusammengeschlagen wurde, gab er diesen Beruf auf und wurde Schriftsteller „God’s Pocket“, 1983 erschienen, war sein erster Roman, eine Art Aufarbeitung der eigenen Gewalterfahrungen.
Dexter verknüpft darin die scharfe, realitätsbezogene Darstellung des Reporters mit der Tiefe eines guten Schriftstellers und schafft so eine spannend erzählte Milieugeschichte über die brutale Schattenseite des Reagan’schen Amerikas.
Ein grandioser Roman, nicht nur für Krimifans.
Bewertung: *****