Hat es mit der Wirtschaftskrise zu tun, dass der 1992 gestorbene Richard Yates dieser Tage so populär in Deutschland ist. Dieser Autor, der zeitlebens die Kehrseite, die Abgründe des amerikanischen Traums beschrieben hat. Auch „Ruhestörung“ ist so eine Geschichte des Niedergangs, heftig, verstörend, selbstzerstörerisch.
36 Jahre alt ist John Wilder, als er im Spätsommer 1960 in existenzielle Nöte kommt. Zwar ist der Anzeigenverkäufer der Zeitschrift „The American Scientist“ beruflich erfolgreich, privat aber läuft es schon länger nicht mehr. Mit seiner Ehefrau Janice versteht er sich schon länger nicht mehr.
Und auch der zehnjährige Sohn Tommy will von dem wortkargen Vater nichts wissen. John flüchtet sich – wie sein Alter Ego Yates – in den Suff. Nach einem Nervenzusammenbruch kommt er in eine psychiatrische Anstalt: „Mein ganzes Leben lang bin ich ein Scheißhaufen unter den Füßen anderer Leute gewesen, und gerade ist mir aufgegangen, dass ich Größe in mir habe.“
Eine späte Einsicht, eine zu späte Einsicht, auch wenn ihn die 21-jährige Pamela derentwegen er seine Familie verlässt, wieder aus seinem Sumpf herauszuholen scheint. Aber auch John Wilders nächster Lebenstraum, Produzent in Hollywood, endet im Alkohol und in Pillen.
Yates provoziert und erregt. Er beschreibt ganz präzise Selbstzerstörung infolge Sinnentleerung. Die Flucht in den Alkohol lässt den Unglücklichen endgültig alle erdenklichen Abgründe durchleben.Auch 35 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung hat „Ruhestörung“ nichts von seiner prophetischen Kraft verloren.
Bewertung: ****
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