Rainer Maria Rilke „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, 320 Seiten, 22,95 €, Manesse, ISBN: 978-3717560050;

Rilkes einziger Roman ist längst Schul-Pflichtstoff. Und es gibt ihn in ungezählten Editionen. Zum 100-jährigen Jubiläum der Erstausgabe hat nun auch der Manesse-Verlag den Klassiker neu editiert und mit einem Nachwort von Fritz J. Raddatz versehen – verpflichtend für jede gut sortierte Hausbibliothek.

„Malte Laurids Brigge“ sei der zweitberühmteste Däne der Weltliteratur, schreibt der Verlag. Aber warum verpackt der 1875 in Prag geborene und in Paris lebende Europäer Rilke seine autobiografischen Einlassungen ausgerechnet aus der Perspektive eines Dänen?

Raddatz weiß das: Rainer-Maria Rilke war ein glühender Verehrer der nordischen Literatur, die vor hundert Jahren eine weit größere Verbreitung fand als heute. Auch Thomas Mann und Stefan Zweig lasen die heute längst vergessenen Herman Bang, Jens Peter Jacobsen und Sigbjörn Obstfelder.

Worum es geht? Malte Laurids Brigge, 28, Abkömmling eines alten Grafengeschlechts, reist nach Paris. Einsam und müde streift er durch die lebendige Großstadt und  Brahe. Der einsame junge Mann ist nach Paris gereist, um sich dort von den neuen Eindrücken treiben zu lassen.

Er sieht das Elend der Penner und der Huren und gewinnt eine neue Blickweise auf die Welt. Selbst im Ekelhaften erkennt Malte das Schöne. Aber er erfährt sich auch als fremdbestimmt: Nur ein eigenes Wertesystem könnte ihn erretten.

Der Lyriker Rilke verzichtet auf eine geschlossene Handlung, er baut stattdessen auf einen – wie er es selber nannte – „Schattenzusammenhang sich rührender Kräfte“. Raddatz spricht von einem „Wunderwerk moderner Prosa“, in dem Rilkes lyrische Kraft in jeder Zeile erkennbar ist.

Ein Gedicht!

Bewertung: *****

P.S.: Meine Heimatstadt Wolfratshausen spielte für Rainer Maria Rilke eine wichtige Rolle. Schließlich verlebte er hier mit seiner Geliebten Lou Andreas Salomé 1896/97 zwei zauberhafte Sommer.

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Selbst im größten Elend winkt das Glück

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