„Istanbul ist eine riesengroße, bunte Matroshka“, so umschreibt Dichterin Elif Shafak ihre Heimatstadt. Öffnet man die Puppe, so lugt jeweils eine andere hervor. Vier sind es mindestens, die der Hamburger Fotojournalist Andreas Herzau auf seinem Streifzug entdeckt hat.
Elif Shafak erklärt in einem Essay die Magie der Stadt. Seit ihrem viel beachteten Roman „Der Bonbonpalast“ zählte die n Straßburg, geborene 39-Jährige zu den bekanntesten türkischen Autorinnen. Mindestens vier Städte, so schreibt sie, existierten in Istanbul nebeneinander:
Die Stadt von jenen, die hier lebten und freiwillig oder auch nicht gingen und deren kulturelles Erbe in Stein überlebte, alson Griechen, Armenier, Juden. Dann gibt es die Stadt von jenen, die in den letzten 50 Jahren aus Anatolien oder woher auch sonst einwanderten, weil, wie es heißt, „in Istanbul die Steine aus Gold sind“.
Dann gibt es das Istanbul der Istanbuler, die hier geboren und aufgewachsen sind, und natürlich – als viertes – noch das Istanbul der Durchreisenden, der Touristen, Journalisten, Pilger und Künstler. Eine feine Darstellung ist dies, die von einer weiteren Shafak-Metapher abgerundet wird: „Istanbul ist eine Jungfrau, die schon tausendmal verheiratet war.“
All dies zeigt Herzau in seinen Bildern: Vom Busbahnhof, von wartenden Menschen, vom Gewimmel in der Einkaufspassage und den Spaziergängern am Strand. Wasserstoffblonde und Verschleierte, Orientalen und Westeuropäer, Elend und Reichtum, Altes und Neues- mehr Schnappschüsse als arrangierte Fotos.
Herzau sieht viel, aber er bleibt im Istanbul, das auch der Tourist kennt. Jene Gegensätze, über die Shafak eindrucksvoll schreibt, beleuchtet er in seinen Fotos kaum. Und manchmal wirken die Szenen doch beliebig. Schade!
Bewertung: ****
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