Wäre Istanbul die Türkei, die CSU und ihr komischer Verbündeter Sarkozy kämen gar nicht auf die Idee dem Land den EU-Beitritt verwehren zu wollen. Denn die Metropole am Bosporus verkörpert die Welt: Asien, den rückwärts gewandten Islam und das aufgeklärte, postmoderne Europa – siehe dieser Fotoband.
Der in Wiesbaden geborene Fotograf, der in Istanbul studiert hat, porträtiert in diesem sehenswerten Bildband den europäischsten aller Istanbuler Stadtteile Beyoglu. Die Istiklal Caddesi, die moderne Einkaufsstraße, in der sich alle westlichen Handelskonzerne ein Stelldichein geben, hat er hinter sich gelassen, aber nur ein paar Meter.
In den Seitenstraßen der ehemals griechischen Grand Rue de Péra porträtierte er die Transexuellen, die Transvestiten, die Huren. Er kommt ihnen nahe, ohne ihnen buchstäblich auf den Leib zu rücken, ohne voyeuristisches Interesse. Jeder, der des nachts schon einmal durch die Gassen gestromert ist, war fasziniert, muss fasziniert gewesen sein.
Kronas gibt den dunklen Ecken Gesichter. Traurige, verlorene, manchmal aber auch freundliche. Wie es ist, selbst in diesem aufgeklärten Stadtteil am Rande der Gesellschaft zu leben, diese Fotos zeigen es. Und so wird das Abseitige zur Norm. Hier werden Träume gelebt. „Eine Einladung“ nennt es der Fotograf.
Ein sehenswerter Bildband mit einem lesenswerten Vorwort von Mehmet Murat Sommer, der der Metropole mit seinen Transvestiten-Krimis auf schriftstellerische Weise ein Denkmal gesetzt hat – eine türkische Antwort auf Karsten Kronas.
Bewertung: ****
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