Was verbindet Berlin und Istanbul? Nein, natürlich kein Intercity. Sicher aber eine 20-jährige Städtepartnerschaft. Sicher auch, dass beide Metropolen türkisch (geprägt) sind. Und ganz sicher, dass Istanbul und Berlin ähnliche Probleme haben in der Stadtentwicklung und durch soziale Gegensätze.
Ein Reiseführer ist die zweisprachige (oben deutsch – unten türkisch) Essay- und Reportagensammlung nicht, eher eine Sammlung von Liebeserklärungen, geschrieben von Schriftstellern und Journalisten, Stadtplanern und Sozialwissenschaftlern. Sogar ein Exil-Russe hat zu dieser lesenswerten Anthologie beigetragen: Wladimir Kaminer.
Fliegen ist das adäquate Transportmittel zwischen Berlin und Istanbul, zwischen Istanbul und Berlin. Damit befasst sich Adnan Yildiz, ein Künstler, der in Berlin lebt und in Istanbul studiert hat und somit die Strecke bestens kennen dürfte.
Der türkische Autor und Tageszeitungskolumnist Murat Belge schreibt über „Zwei Städte und ihr Charakter“, der Sozialwissenschaftler und Migrationsexperte Ingo Siebert über die Berliner Milieus und Pamela Dorsch über die Schokoladenseiten der deutschen Hauptstadt.
Dass Jürgen Gottschlich Istanbul wie seine Westentasche kennt, weiß jeder Leser der taz, für die er seit 1999 dort als Korrespondent arbeitet. Lesenswert sein Aufsatz: „Istanbul – Vom Geheimtipp zum Hotspot“. Und sogar ein Märchen der bekannten Schriftstellerin Asli Erdogan findet sich in dieser wunderbaren Sammlung.
Es geht um die Mauer und um den Verkehrskollaps in Istanbul, um Nischen-Gesellschaften und um den Umbau beider Städte, ihren Wandel zu modernen Metropolen und ihren Nachholbedarf bei der Schaffung lebenswerter Wohnwelten.
Die Texte sind mal bissig, mal sehr humorvoll, mal ernst, mal sehr kritisch – aber immer wohlwollend. Und wer anders als der deutsch-türkische, in Berlin ansässige Daygeli-Verlag hätte eine solche Anthologie herausbringen können.
Berlin und Istanbul als gute Freunde, so soll es sein.
Bewertung: *****