Noch ein Buch über Hitler? Dieses unbedingt! Aber es wurde doch schon genug geschrieben, oder nicht? Tatsächlich wird das Dritte Reich fast immer mit dem Fokus auf Diktatur, Holocaust und Angriffskrieg betrachtet. Dass Adolf Hitler 1942 ein Imperium regierte, dass größer, von mehr Menschen bewohnt und wirtschaftlich potenter war als die USA, wird eher selten betrachtet. Mazower schreibt über Aufstieg und Fall des germanischen Empires.
Während in Afrika und Asien die europäischen Kolonialreiche bröckelten, wollte Hitler genau hier im Zentrum sein eigenes aufbauen. Der Überfall auf Polen, später der Blitzkrieg in Holand, Belgien und Frankreich und die Eroberung Skandinaviens, dazu der arische Rassenwahn, die Verachtung des Slawischen und die Behandlung der eroberten Völker als Sklaven, in vielerlei Hinsicht war das Dritte Reich ein Rückfall ins 19. Jahrhundert.
Mazower, britischer Zeitgeschichtler mit Lehrstuhl an der University of Columbia in New York, hat mit leichter Feder ein faszinierendes Buch geschrieben. Er erklärt anhand vieler Quellen, wie Hitler erst das Reich von innen her „ordnete“ und dann sein System in den eroberten Staaten durchsetzte – mit Hilfe der modernsten und schlagkräftigsten Armee Europas.
Im Unterschied zu vormaligen „Weltreichen“, egal ob Briten oder Habsburgern) fehlte den Nationalsozialisten – wie Mazower beschreibt – aber ein ökonomisches Konzept. Nur ein Raubkrieg nach dem anderen hätte das „Reich“ erhalten können.
Mazower geht es in seiner Analyse nicht um moralische Bewertungen, sondern um die Effizienz von dessen (Bündnis-)Politik. Und da hat Hitler in seinem Größenwahn alles falsch gemacht, was er falsch machen konnte: in dem er Millionen Menschen vertrieb oder tötete und damit auch Arbeitskraft vernichtete, in dem er die Bevölkerung der eroberten Länder in die Opposition oder gar in den Guerillakrieg trieb.
Ein überaus spannendes Geschichtsbuch.
Bewertung: *****
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