„Seid ihr alle da, dann schreit mal alle ja, aber schreit nicht so laut, denn dies ist eine Gutenachtgeschichte, und ihr müsst im Bett liegen, und im Bett schreit man nicht.“ Gutenacht-Geschichten für Kinder gibt es viele, aber kaum eine ist so originell wie diese.

Geschrieben hatte sie der einstige DDR-Schriftsteller Ulrich Plenzdorf (1925-2007). Der Rostocker Hinstorff-Verlag gab sie nach der Erstausgabe (1980) nun zum zweiten Mal heraus – versehen mit den wunderbar, skurrilen Zeichnungen von Stefanie Harjes.

Plenzdorf ist auch in der BRD Schullektüre gewesen – mit „Die neuen Leiden des jungen W“. Noch bekannter war er als Drehbuch-Autor. Der studierte Kommunist und Philosoph schrieb zum Beispiel „Die Legende von Paul und Paula“ und „Zeit der Wölfe“ – und eben auch die „Gutenachtgeschichte“ für Kinder. Für Kinder?

„So ist es nämlich immer. Ein Erwachsener setzt sich hin, um eine ernste Sache zu erldigen, und dann kommt ihr und terrorisiert ihn mit euren blöden Fragen und bringt ihn ab von dem, was er vorhat.“ Im Wettstreit mit den Kindern, seinen Lesern, befindet sich der Erzähler andauernd. Er provoziert, er zankt und er ist frech – vertauschte Rollen. Die Kleinen sind die Großen. Großartig ist das!

Und dann hat das Buch durchaus noch eine politische Komponente. Sie ist natürlich nicht wichtig für die Kinder, aber sie erheitert den erwachsenen Leser als munteres Spiel mit der Zensur in der DDR. Wenn der Erzähler das Wort „Pseudonym“ erklärt und schreibt „Feige ist, wenn man nicht schreibt, was man denkt.“

Davon hat Stefanie Harjes, 43-jährige Bremerin, wohl nur wenig mitbekommen. Aber sie hat sich perfekt in die Gefühlswelt von Plenzdorf reingedacht und hat als „roten Faden“ den „Konfliktbock“ erfunden, eine Ziege, die immer wieder erscheint. Sie malt ausdrucksstarke Bilder voller Rätsel, die die Kinder entschlüsseln müssen.