Zwei Brüder, eine Frau. Der eine begehrt sie, der andere ist mit ihr verheiratet . Das ist nur die eine Geschichte. Die wirkliche „Lappalie“ geschah vor zwölf Jahren, als die Hauptfigur Jasmin in der Silvesternacht von ihrem Schwiegervater vergewaltigt wurde. Das veränderte ihr Leben …
Obwohl ihre Ehe mit Henrik so gut wie gescheittert ist, weil das dunkle Geheimnis zwischen ihnen steht, tut Jasmin, genannt „Jazz“, nichts, um beide zu retten. Liegt es daran, dass sie eigentlich Sven liebt, ihren Schwager?
Nach außen hin ist alles idyllisch: Jazz hat einen Job mit netten Kollegen. Sie lebt gut, da Henrik als Schriftsteller ein gutes Auskommen und hohes Ansehen hat. Sie hat viele Freunde – doch das Verbrechen ihres Schwiegervaters, eines angesehenen Gynäkologen, vergiftet die junge Frau von innen heraus. Trost findet sie vor allem bei Spaziergängen mit ihrem Hund.
Und sie will auch nicht hinschauen, wie ihr Mann sich mehr und mehr aus der Ehe verabschiedet und sich in Affären flüchtet. Je länger die Vergewaltigung her ist, umso mehr glaubt Jazz, sie bilde sich all dies nur ein. Das verstärkt ihr Leiden noch. Doch dann passiert etwas …
Die Düsseldorferin Kirsten Marohn, 37, hat ein eindrucksvolles Debüt abgeliefert, eine mutige Geschichte, nicht nur, weil sie sich mit dem Tabuthema Vergewaltigung in der Familie auseinandersetzt. Nein, sie offenbart auch die inneren Konflikte des Opfers, das von Selbstzweifeln zerfressen wird.
Gut beschrieben wird auch die Sprachlosigkeit zwischen den Eheleuten, innerhalb der Familie. Keinem der handelnden Akteure gelingt es nur einmal, ehrlich zu sein. Sie flüchten vor der Auseinandersetzung mit sich selbst – das ist authentisch und ehrlich dargestellt.
Und doch hätte ich dem Buch einen Verlag und einen professionellen Lektor gewünscht. Allzu oft verliert sich die Autorin in Seitenhandlungen, die die Geschichte und auch die inneren Konflikte von Jazz nicht weiterbringen.
Da wird das Buch stellenweise banal und langweilig. Ein Lektor hätte dies korrigieren können wie auch viele schief hängende Metaphern. Mitunter zeigt Marohn noch handwerkliche Schwächen
Immerhin bringen die geschickt eingestreuten Rückblicke das Verständnis für die inneren Nöte der Protagonistin und geben „Lappalie“ zusätzliche Tiefe. Ein gut eingesetztes Stilmittel.
Gleichwohl ein erstaunliches Debüt, ein lesenswertes Buch aus der Mitte unserer Gesellschaft – und zwar nicht nur für Frauen.
Bewertung: ****
P.S.: Respekt auch für den Marketingaufwand, den die Autorin betreibt. Das reicht von einer gut gemachten Website (www.kirstenmarohn.de) bis zum Filmtrailer:
Buchteaser: Lappalie von Kirsten Marohn (www.kirstenmarohn.de) from Jasmin Bolger on Vimeo.
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