Claus Stephani „Blumenkind“, 352 Seiten, 19,80 €, SchirmerGraf, ISBN: 978-3865550675;
Seit vorigen Herbst geht der Literaturfokus in Richtung Rumänien: Herta Müllers Gegenwartsgeschichte zum Dank. Der im siebenbürgischen Kronstadt geborene Volkskundler Claus Stephani hat eine ganz andere, eine märchenhafte Geschichte aus dem Vielvölkerstaat geschrieben – eine ostjüdische Liebesgeschichte.
„Copil din Flori“, Blumenkind, so nennen die Rumänen Kinder wie Maria, Kinder der Liebe, im sprichwörtlichen Sinne gezeugt auf einer Blumenwiese. So idyllisch dies klingen mag, das Leben in Arvinitza, einem kleinen Dorf in den Karpaten, ist hart. Als ihr Ehemann von Wölfen getötet wird und der Erzeuger des Kindes, ein Deutscher, sie verleumdet, muss die Jüdin Beila, Marias Mutter, ihre Heimat verlassen.
Ihre Wanderung führt sie durch die östlichen Karpaten, durch die Bukowina und Siebenbürgen bis in das abseitige Marmatien. Hier leben Deutsche und Juden, Ruthenen und Rumänen, Zigeuner und Ungarn friedlich neben- und miteinander, jeder mit seinen eigenen Traditionen – bis die Faschisten Landstrich für Landstrich gewinnen.
Irgendwann verschwindet Beila in den Wirren der Flucht. Maria, die mit ihren „Pflegeeltern“ später nach Westdeutschland emigriert, beginnt in den 60er Jahren sich auf die Spur ihrer Mutter zu machen und damit ihre eigene Geschichte kennen zu lernen.
„Blumenkind“ ist eine faszinierende Jahrhundertgeschichte, die in uns in eine Region führt, die wir erst noch entdecken müssen, nachdem sie 45 Jahre lang durch den „Eisernen Vorhang“ abgeschottet und unterdrückt war (siehe Herta Müller). Und doch ist sie jahrhundertelang deutsches Siedlungsgebiet gewesen und als europäisches Kernland viel mehr als nur die Heimat von Vampiren und Werwölfen.
Bewertung: *****
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