Ein exotischer Schauplatz für eine Reise zu sich selbst. Eine Rollenverteilung, wie sie normaler nicht sein könnte. Hier der Mann, der nicht verarbeitet hat, dort die Frau, die missbraucht gebraucht wird, um die Konfrontation mit sich zu vermeiden. So bekommt der Begriff Roadmovie eine innerliche Bedeutung.
Muss es Mexiko sein? Naja, zur Zeit des Schreibens gab’s da die Schweinegrippe noch nicht. 2002 war die 45-jährige Autorin und Regisseurin das erste Mal kreuz und quer durch Mexiko unterwegs – und erlebte in der tropischen Farbenpracht, der kargen Einsamkeit der Wüste ihre eigene Reise zu sich selbst.
Und so wird das mittelamerikanische Land zum Sinnbild für die pralle Vielfalt des Lebens und für verlorene Chancen. Jan und Isabel, erst seit kurzem ein Paar, reisen durch Mexiko. Für Jan ist es nicht das erste Mal: Schon mit der vorherigen Freundin war er auf derselben Route unterwegs, bis sie ihn verließ. Wird er es diesmal schaffen?
Wie geht Isabel damit um, als sie erfährt, dass sie einen Zweck hat? Kann die Liebe bestehen, wenn sie einen Zweck hat? Verarbeitung sieht anders aus, als Jan sie sich vorstellt.
Ein zweites Paar kreuzt ihren Weg. Ein Amerikaner und seine deutsche Freundin. Auch er hat ein Geheimnis. Auf einer Mexikoreise verlor er seine Frau durch einen Herzinfarkt. Dort wo’s passierte, kehrt er nun zurück. Neue Freundin, neues Glück?
Ein opulent erzähltes Buch mit einem sehr differenzierten Plot, dem allerdings bisweilen etwas weniger literarische Verwirklichung und eine stärkere filmhafte Vereinfachung gut getan hätte, gerade dann wenn wir in die Gefühlsebenen der beiden Paar eintauchen und hin und her gejagt werden.
Dabei hat die Freiburgerin ihre eigene Sprache entwickelt: fast stakkatohaft sind die Dialoge, kraftvoll und mit starken Farben. Bei ihrem Debutroman „Heimarbeit“ prägte Arnold Stadler dafür eine plastische Definition: „Sätze wie Spaten“.
Bewertung: ****