Sabine Würich „Der ferne Osten“, 180 Seiten, 35 €, Kerber, ISBN: 978-3866782655;
20 Jahre Mauerfall, da wird gedacht und erinnert auf Teufel komm raus. In all dieser Erklärungsliteratur ist dieser Fotoband etwas ganz Besonderes. 20 Jahre Verschwinden eines Staates sind dort dokumentiert, und Sabine Würich zeigt, wie fern der Osten uns im Westen doch noch ist.
Kein Mensch kommt in den 120 Schwarz-Weiß-Fotografien vor, es gibt nur Häuser, Straßen und Landschaften. Und eine Trostlosigkeit, die heute 20 Jahre nach dem Mauerfall unglaublich erscheint. Viele Bilder wirken, als seien sie schon alt, dabei entstanden sie erst in den vergangenen paar Jahren.
Dass das Buch mit dem dahinsiechenden Grandhotel Heiligendamm ein- und mit uniformen Neubausiedlungen (die genauso gut im Westen stehen könnten) aussteigt, ist sicher kein Zufall. So ist der ferne Osten dann doch nicht mehr so fern im Generationenprojekt Zusammenwachsen zweier Gesellschaften.
Fotografin Sabine Würich ist als Tochter eines deutschen Auslandslehrers 1962 in Südamerika geboren. Mit zwölf Jahren kam sie in die Bundesrepublik: Zwei deutsche Staaten waren für sie Realität.
Eine Reise entlang der innerdeutschen Grenze im August 1989 wurde für sie der Einstieg in das vorliegende Langzeitprojekt: „Zeitgeschichte im Spiegel von Architektur und Städtebau“ nennt dies Christel Wester in ihrem Nachwort.
Und auch Wolfgang Thierse ist begeistert von dem „großen Wurf“. Der frühere Bundestagspräsident schreibt: „Immer spricht aus Sabine Würichs Aufnahmen ein starkes Empfinden für Geschichte, die im Alltäglichen, seiner Schönheit oder Hässlichkeit anwesend ist.“
Gut formuliert! Dieses Buch ist der Kontrapunkt zu Frank-Heinrich Müller „East – Zu Protokoll“.
Bewertung: *****
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