Dicht am Wasser, so ist dieser Roman des Schweizer Autors, der seit einigen Jahren im Brandenburgischen lebt, an einem Havelsee und seinem Oeuvre nun eine deutsch-provinzielle Note anheften wollte. Es ist nicht wirklich gelungen.
Eigentlich ist der Gedanke ja reizvoll: Ein Schweizer, dessen Land bis auf Zürich vielleicht ausschließlich Provinz ist, schreibt über deutsche Provinz – „ein krimihaftes Drama aus der Mitte des gebildeten Wohlstands“, wie der Klappentext verheißt.
Und dann bleibt er einfach in der Mitte stehen, schafft es weder die Konvention zu verlassen, noch interessante Charaktere zu zeichnen oder gar Spannung zu erzeugen. Dabei ist die Grundgeschichte nicht schlecht.
Mittelstandsspross Nelson, neun Jahre alt, kommt von der Klavierstunde nicht mehr nach Hause. Die Schultasche wird „dicht am Wasser“, im Schilf des Julensees gefunden. Eine Suchaktion beginnt, das ganze Dorf gerät in Aufruhr, das oberflächliche Idyll außer Kontrolle. So weit so konventionell.
Der Musiklehrer tröstet frustrierte Ehefrauen, frustrierte Ehemänner liebäugeln mit Ausstieg oder Suizid,und alle lügen sich gegenseitig an, die einen mehr, die anderen weniger. Als Nelson wieder auftaucht, ist jedenfalls nichts mehr wie es war.
Und dann gibt’s da noch die alte Sage von des Müllers Jule, die wegen angeblicher Untreue von ihrem Ehemann an einem Windmühlenflügel aufgehängt wurde und die gemäß dem Volksglauben bis heute spukt.
Sehr konventionell diese Geschichte und gar nicht lohnenswert, wenn, ja wenn Silvio Huonder nicht immer wieder sein starkes erzählerisches Talent aufblitzen ließe. Er kann’s ja.
Bewertung: ***
Gabi: Es tut mir leid, aber ich muss Max vehement widersprechen. Ich habe den Huonder gerade gelesen, und er hat mich – gerade als Liebhaber von Potsdam und Brandenburg – sehr fasziniert. Die Landschaftsbeschreibungen zum einen und das schlüssig aufgefächerte Soziotop in der Kleinstadt gepaart mit einer menschlichen Geschichte haben mir sehr gut gefallen, darum:
Bewertung: *****
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